PALMSONNTAG, 13. APRIL
PASTOR i. R. ULRICH KRAUSE-RÖHRS
Einleitung zum Gottesdienst und Predigt über Dietrich Bonhoeffer
Einleitung zum Gottesdienst:
„Von guten Mächten wunderbar geborgen“.
Diese Worte Dietrich Bonhoeffers sind vielen bekannt. Aus dem gleichnamigen Kirchenlied oder als Text auf Postkarten, die man kaufen kann. Auf den Postkarten sind im Hintergrund der Worte blauer Himmel, blühende Sommerwiesen oder prächtige Bäume zu sehen. Die Botschaft ist sozusagen: „Alles wird gut“. Der kurze Text auf der Postkarte wird dem gesamten Text Dietrich Bonhoeffers nicht gerecht. Wenn wir das Lied später singen, wird das teils Düstere des Textes deutlich werden: Bonhoeffer schrieb den Text des Liedes zum Jahreswechsel 1944/45 im Gefängnis. Im Gefängnis war er, weil er sich am Widerstand gegen Hitler und den Nationalsozialismus beteiligte. Am 9. April 1945, vier Wochen vor Kriegsende, wurde er deshalb im Konzentrationslager-Flossenbürg erhängt. Er wurde 39 Jahre alt und am letzten Mittwoch war sein 80. Todestag.
Sein letzter überlieferter Satz lautet: „Das ist das Ende – für mich der Beginn des Lebens“.
Ich möchte im heutigen Gottesdienst an Dietrich Bonhoeffer erinnern:
ein Theologe und Pfarrer, der seit beinahe 100 Jahren weltweit verehrt wird.
Predigt über Dietrich Bonhoeffer
Wie soll ein Christ in dieser Welt leben?
Wie kann man seinem Gewissen folgen und verantwortliche Entscheidungen treffen?
Diese Fragen stellte sich D. Bonhoeffer: als Theologe und Pfarrer, als Mensch und Christ. Für ihn war das nicht voneinander zu trennen. Glaube, Theologie und Leben gehörten für Bonhoeffer untrennbar zusammen.
Eine wichtige Erfahrung für sein Verständnis dieses Zusammenhangs war dabei ein Studienaufenthalt in den USA 1930/31. Dort lernte er als deutscher Protestant die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung kennen. Und ihm wurde dadurch klar: der Glaube kann nicht nur eine persönliche Überzeugung sein, er muss auch dem Unrecht aktiv entgegentreten.
Bonhoeffer war überzeugt, dass Christen nicht nur für sich selbst verantwortlich sind, sondern für andere Menschen und die Welt mitverantwortlich sind. Weil wir als Menschen in Beziehungen leben und in diesen Beziehungen Verantwortung für andere tragen.
Christsein kann man deshalb nach Bonhoeffers Überzeugung nur in der Gemeinschaft (der Glaubenden) leben. Gerade weil Jesus „nur für andere Menschen da war und da ist“, ist es die vorrangige Aufgabe für Christen, „Mensch für andere“ zu sein. Dieses „für andere da sein“ ist für Bonhoeffer keine moralische Forderung, sondern ergibt sich aus der völligen Umkehrung einer menschlichen Haltung von der Haltung Jesu her, nämlich „Mensch für andere zu sein“.
Unser Verhältnis zu Gott drückt sich ist nach Bonhoeffers Theologie aus in diesem neues Leben im „Dasein für andere“. Das ist gleichzeitig die Teilnahme am Sein Jesu. In diesem Dasein für andere sind zunächst nicht die unendlichen unerreichbaren Aufgaben der Welt wichtig, sondern zuallererst der jeweils gegebene erreichbare Nächste. Und dieser Nächste ist das Transzendente. Gott begegnet uns in Menschengestalt! In den Menschen, denen wir begegnen und denen wir z.B. Essen und Trinken geben, die wir als Fremde aufnehmen, kleiden, besuchen, auch im Gefängnis (siehe Matthäus 25).
Auch die Kirche ist für Bonhoeffer nur Kirche, wenn sie für andere da ist. Die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden muss dabei für ihre Mitmenschen eintreten und an deren Leiden Anteil nehmen. Bonhoeffer nennt das: „Christus als Gemeinde existierend“.
Er erkannte früher als viele andere, auch früher als viele Pfarrer und Christen, wohin der Nationalsozialismus führt. Schon am 1. April 1933 hielt er einen berühmt gewordenen Vortrag auf einer Konferenz von Pfarrern. „Die Kirche vor der Judenfrage“ war der Titel. Darin kritisierte er den Umgang mit jüdischen Mitbürgern in Deutschland. Am Ende seines Vortrages war fast keiner mehr im Saal, um ihm zuzuhören. So wie die meisten Christen und Kirchenvertreter wollten die Pfarrer eine solche Kritik nicht hören. Lieber jubelte man Hitler und den Nationalsozialisten in naiver Hoffnung zu. Viele sahen in Hitler einen von Gott gesandten Führer und auch viele Bischöfe dienten sich gerne den Nationalsozialisten an.
Bonhoeffers Devise im Zusammenhang seines Vortrages war: „Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen“. Keine Trennung also von Glauben und Leben. Die Aufgabe der Christen lag für ihn darin, Menschen für andere zu sein und dabei Verantwortung gerade für die Schwächsten der Gesellschaft übernehmen. Das war nach seiner Überzeugung die geforderte Haltung der Christinnen und Christen.
In der „Bekennenden Kirche“ fand er Mitstreiter für seine Ideen. Die BK war eine kleine Gruppe innerhalb der ev. Kirche, die Widerstand leistete. Jahre später ging Bonhoeffer auch in den politischen Widerstand. Seine Grundauffassung drückte er in einem Bild aus und sagte: wenn ein verrückter Kutscher durch einen Ort rast und Menschen verletzt und tötet, dann muss man zunächst den Opfern unter dem Rad helfen. Es kommt aber der Punkt, an dem man sich fragen muss: ob nicht die eigentliche Aufgabe darin besteht, dem Rad in die Speichen zu fallen. Um die Kutsche zum Stehen zu bringen und den Kutscher auszuwechseln. Seine zentrale Frage war dabei: ob man in dieser Form des Widerstands auch zu Gewalt greifen darf.
Bonhoeffer wird seit fast 100 Jahren weltweit bewundert und verehrt. Ganz verschiedene Menschen beziehen sich auf ihn: liberale Theologen, Demokraten, Menschen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, linke Aktivisten, Konservative.
In den letzten Jahren wollen auch andere Bonhoeffer vereinnahmen: Rechtsextreme in der AFD, Verschwörungstheoretiker und auch christlich-nationale Unterstützer von Donald Trump. Bonhoeffer unterscheidet sich von diesen Gruppen sehr deutlich:
Sein Widerstand richtet sich gegen den Unrechtsstaat der NSDAP, einen Staat, in dem Recht und Menschenrechte außer Kraft gesetzt werden und nicht undifferenziert gegen Institutionen eines beliebigen Staates.
Bonhoeffers Ausgangspunkt sind der christliche Glaube und die Haltung Jesu im Dasein für andere. Christen sollten, wie gesagt, in ihrem „Dasein für andere“ Verantwortung übernehmen für die Schwächsten der Gesellschaft. Die Rassenlehre lehnte er deshalb ebenso ab wie den Mord an Juden, die Tötung behinderter Menschen und auch Andersdenkender.
Bonhoeffer suchte außerdem danach, was Christen und Menschen weltweit verbindet, es ging ihm gerade nicht um einen Nationalstaat. Seine Ethik orientiert sich hierbei grundsätzlich am christlichen Glauben, an den Menschenrechten und am Recht. In diesen Quellen verankert er seine Werte für seine Hauptziele: eine verantwortliche Haltung innerhalb eines gemeinsamen Lebens in dieser Welt.
All das steht im völligen Widerspruch zu dem, was wir von Rechtsextremen, Verschwörungstheoretikern, christlichen Nationalisten und Trump erleben.
Heute ist Palmsonntag, der Einzug Jesu in Jerusalem. Der König reitet auf einem Esel in die Stadt und die Menschen legen ihm Palmzweige auf den Weg. Zur gleichen Zeit fand damals in Jerusalem noch ein zweiter Einzug statt: das römische Reich feierte sich selbst mit einer gigantischen Parade.
Mit stolzen Rössern statt einem Esel. Auf den Pferden ritten Soldaten ein, nebenher liefen die gesammelten Streitkräfte. Das war spektakulär, groß und laut – statt klein, mit Palmzweigen und einem König, der eine völlig anderer Haltung hat als die auf der anderen Seite der Macht.
Bonhoeffer wird die Paraden der Nationalsozialisten erlebt haben. Weil er die Politik und Ziele des Nationalsozialismus durchschaute, entschied er sich dagegen. Ich habe mich oft gefragt: Zu welchem Einzug würden wir eigentlich gehen: zum Einzug der Giganten – oder zum Einzug des kleinen Königs? Und: wofür entscheiden wir uns heute? Für welche Werte? Aus welchen Quellen? Jesus? Social Media? Unsere Gefühle?
Bewundernswert finde ich bei D. Bonhoeffer bis heute seine Entscheidung im Jahr 1939: er lebte in New York, war in Sicherheit. Und überlegte trotzdem, nach Deutschland zurückzukehren. Freunde rieten ihm ab. Er ging mit der Begründung zurück nach Deutschland: „Ich kann mein Land und die Menschen meines Landes in dieser Zeit nicht allein lassen“. Er fand es für sich undenkbar, erst dann nach Deutschland zurückzukehren, wenn die Zeiten sich wieder beruhigt hätten. Das ist EINE FORM von Verantwortung, die ich bei ihm bewundere.
Die Überschrift über sein Leben kann der Titel des Buches sein, mit dem er nach seinem Tod bekannt wurde: „Widerstand und Ergebung“. Das bedeutet: Ergeben in die Beziehung zu Gott. Und Widerstand von dieser Beziehung zu Gott her. Als Mensch für Andere. Amen
Sonntag, 6. April 2025,Laetare
Konzertgottesdienst
Pastorin Thekla Röhrs,
musikalische Gestaltung: Anna Fuhrländer
Predigt zum Sonntag Judika, am 6.4.25 in Carvoreiro
Die Liebe Gottes und die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde!
1: Was war passiert? Es war so gekommen, wie Jesus es beim letzten Passahmahl seinen Jüngern vorausgesagt hatte:
Einer seiner engsten Vertrauten hatte ihn verraten und ihn damit seinen schärfsten Gegnern ausgeliefert. Diese waren mit Stangen und Schwertern gekommen, als müssten sie einen Schwerverbrecher überwältigen. Dabei war es doch nur Jesus aus Nazareth,
der Sanftmütige, der Friedliebende.
Die Strafsache Jesu eilte. Denn sollte das Urteil noch vor Beginn der Passah-Festwoche gesprochen und vollstreckt werden,
musste kurzer Prozess gemacht werden. Die, die ihn verhaften lassen haben, hatten nicht die Möglichkeit und das Recht,
das Urteil Todesstrafe auszusprechen und auszuführen. Dafür brauchten sie den Repräsentanten der römischen Besatzungsmacht:
Pontius Pilatus. Deshalb - so haben wir es eben aus dem Evangelium des Johannes gehört – wird Jesus am frühen Morgen
vor den Statthalter Pilatus gebracht.
- Und was macht Pilatus? Sein 1. Gedanke mag gewesen sein: Ein Jude. Wieder ein Aufrührer, der die römische Besatzer in Gefahr bringt. Den Römern reichte schon der leiseste Vorwand, um das besetzte und ohnehin schon gebeutelte jüdische Volk noch einmal grausamer
niederzuschlagen.
Pilatus wusste, dass der, den sie zu ihm gebracht hatten und der jetzt vor ihm stand, sich „Gottes Sohn“ nannte. Darin war er nicht der Erste und auch nicht der Einzige. Aber Pilatus wusste auch, dass genau damit Jesus zum einen gegen das höchste jüdische Gebot verstoßen hatte, nämlich: dass es nur einen Gott gibt, den Gott Israels. Und 2.im Römischen Reich damit den Tatbestand des Hochverrats erfüllte: „Gottes Sohn“ oder „Eine wie Gott“ zu sein, das durfte nur der Kaiser des Römischen Reiches behaupten.
Und Kreuzigen war die römische Methode, mit solchen Rebellen umzugehen. Das wiederum wussten die jüdisch-religiösen Verantwortlichen. Pilatus ist ein erfahrener Statthalter und Machtmensch, genug, um zu wissen: Gibt er dem Ansinnen der jüdischen Obrigkeit nicht nach, provoziert er einen Aufstand.
Spannend finde ich an dieser Stelle, wie der Evangelist Johannes diesen Pilatus beschreibt: als einen maßvollen Richter, der die richtigen Fragen stellt und der Jesus für einen harmlosen Querulanten hält.
Die Evangelisten Markus, Lukas und Matthäus hingegen beschreiben Pilatus als einen brutalen, kaltschnäuzigen und ziemlich grausamen Gewaltherrscher. Für den kein Gesetz zu gelten scheint und der mit Aufrührern kurzen Prozess macht oder gar keinen. An diesen Pontius Pilatus erinnern wir in unserem Glaubenskenntnis: gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben.
Dem gegenüber erzählt der Evangelist Johannes davon, dass Pilatus Jesus nicht hinrichten will. Vielmehr sucht er nach Auswegen. Er fragt nach. Er argumentiert ungewöhnlich geduldig und findet dann zu seinem Urteil: „Ich finde keine Schuld an ihm!“
3: Und Jesus? Der Evangelist Johannes beschreibt Jesus in diesem Prozess nicht als den leidenden Messias. Ihm geht es nicht um die Einsamkeit, Verlassenheit und das Leid Jesu.
Bei ihm tritt ein souveräner Messias auf, der deutlich sagt, wer er ist: Seine Herkunft ist göttlich. Er ist ein Gesandter Gottes. Und in ihm offenbart sich nichts Geringeres als das Göttliche. Für Johannes ist es wichtig, dass die göttliche Wirklichkeit in diesem Menschen gegenwärtig und erfahrbar ist. Das ist für ihn die Wahrheit und die ruft zum Glauben auf.
Johannes drückt sein zentrales theologisches Thema in den Worten des angeklagten Jesus aus: „Ich bin gekommen, um die Wahrheit zu bezeugen. In mir findet ihr Wahrheit.
Nehmt Ihr sie an?“
Immer wieder stellt Johannes dieses Frage. Immer wieder weist er auf die Wahrheit hin. Erkennst du die Wahrheit? Hörst du auf sie?
Pilatus weicht aus: „ Ach, Wahrheit. Was ist schon Wahrheit!“ Ihn interessiert die Frage nicht. Und vergibt so die Chance, Teil der Wahrheit zu werden.
- Und was ist mit uns? Mitten in diesem unmöglichen Prozess geht es Johannes um das Existenzielle und fordert seine Leserinnen und Leser heraus: Glaubst du die Wahrheit?
Hast Du sie erkannt? Und wahrgenommen? Und wenn ja, welche Bedeutung hat sie für Dich?
Wahr ist, dass mit der Schilderung dieses Prozesses in den Evangelien die katastrophale Judenfeindlichkeit ihren Anfang nahm und bis heute anhält.
Wahr ist, dass der US-amerikanische Baptistenpastor und Bürgerrechtler Martin Luther King am 4. April 1968 - also vorgestern vor 57 Jahren – ermordet wurde. Er gilt als einer der herausragendsten Vertreter im gewaltfreien Kampf gegen Unterdrückung und soziale Ungerechtigkeit. Er war ein tiefgläubiger Christ.
Wahr ist, dass Menschen auch in der evangelischen und katholischen Kirche sexualisierte Gewalt erleben mussten und Jahrzehnte lang nicht ernst genommen wurden.
Die Frage „Was ist Wahrheit?“ und welche Bedeutung hat sie für uns stellt sich heute ebenso wie damals zur Zeit Jesu.
In den Worten Jesu beschreibt der Evangelist Johannes was für ihn Wahrheit ist: Mein Königreich ist nicht von dieser Welt…Und positiv: Ich bin dazu geboren,
für die Wahrheit Zeugnis abzulegen. Pilatus verweigert den Glauben und das dazu gehörende Glaubensbekenntnis. Er weicht aus. Und wir?
- Und ICH? Eigentlich, so muss ich zugeben, ist mir der leidende Messias der Passionsgeschichte in den anderen drei Evangelien näher, auch weil das Leiden Jesu mir immer wieder sehr nahe kommt und mich tief berührt. Und weil ich glaube, dass wenn das Göttliche in Jesus so viel Leid und Schmerz kennt und erlebt, es dann auch in meinem Leid nahe ist und weiß, wie es um mich steht.
Aber die Frage des Johannes, was für mich Wahrheit ist und wie ich mit dieser Wahrheit umgehe, die bleibt für mich aktuell. Der willkürliche Despot Pilatus
war nicht wirklich ein Freund theoretischer Gedankenspiele und Jesus war kein griechischer Philosoph. Als jüdischer Schriftgelehrte und Prediger in der Provinz Judäa
spricht und denkt er auf aramäisch. Und was die Griechen unter „Wahrheit“ verstehen, heißt bei Jesus Gemeinschaftstreue. In Treue steht er für sein jüdisches Volk ein. Hält die Würde der Menschen, jedes einzelnen Menschen, hoch, auch derer aus den anderen Völkern, hat eine besondere Liebe für die, die verfolgt und gedemütigt werden. Auf ihn ist Verlass, im Leben und im Tod. Nehme ich diese Wahrheit an? Erkenne ich sie? Trete ich für sie in? Oder bin ich wie Pilatus: Weiche ihr aus und vergebe damit die Chance, ein Teil der Wahrheit zu sein?
Und ein weiteres habe ich durch den Evangelisten Johannes entdeckt: etwas, was mich aufhorchen lässt und ich befreiend empfinde. Nämlich, dass dieser Jesus mitten im größten Elend sprachfähig und handlungsfähig bleibt. Jesus lässt sich nicht einschüchtern, sondern tritt seinen Widersachern entgegen. Er ergibt sich nicht dem Unrecht, sondern bleibt bei dem, wofür er sich geboren und in die Welt gesandt: als Sohn Gottes, in dem sich Gott offenbart. Jesus lässt – auch im Leid –
nicht einfach so mit ihm machen.
- …und was bleibt? „Seht, welch ein Mensch!“ sagt Pilatus über Jesus und meint damit den bedauernswerten, armen Menschen! Johannes aber meint:
„Seht, was für ein außergewöhnlicher Mensch, dieser Jesus!“ Der selbst in seiner ganzen Qual und Ohnmacht etwas ausstrahlt von seiner Botschaft, und
der Gottes Hoffnungszeichen der Liebe für uns bleibt. Ihm und seiner Wahrheit lohnt es nachzufolgen. Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unser Denken und Fühlen, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.
Predigt zu Joh. 6,47-51
Der Predigttext heute aus dem Johannes-Evangelium,
Verse aus dem Brot-Kapitel. Starker Tobak.
Der Beginn:
„ Wahrlich, wahrlich ich sage euch: wer glaubt, hat ewiges Leben.
Ich bin das Brot des Lebens“.
Szenenwechsel, Hamburg 1981.
Ich besuche eine Freundin.
Nach einigen Tagen fragt mich ihr Mitbewohner in einem Küchengespräch,
was mich interessiert.
Ich sagte, ich würde gern mehr vom Marxismus und vom Christentum wissen.
Ein oder zwei Tage später liegt in der Küche ein Buch auf dem Tisch:
„Am Anfang der Stall, am Ende der Galgen“.
Ein Buch von Walter Jens, damals Rhetorik Professor in Tübingen,
einer der klügsten Männer der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Sein Buch ist eine Übersetzung des Matthäusevangeliums,
geschrieben wie ein Roman.
Ich hatte wenig bis keine Ahnung vom christlichen Glauben,
war konfirmiert und hatte Religionsunterricht gehabt, aber es war nichts hängengeblieben, was wichtig war.
Ich las also dieses Buch und war erstaunt über den Inhalt des Evangeliums,
überrascht und fasziniert von einzelnen Sätzen.
Und dann las ich diesen einen Satz, der mich ins Herz traf:
„Ihr seid das Salz der Erde“.
Diese Worte kamen für mich wie aus einer anderen Dimension,
einer Ewigkeitszone. Für mich waren sie wahr!
Das war wie eine erste Scheibe vom Brot des Lebens.
Und diese Scheibe Brot bestimmte seitdem mein Leben. **
Meine Reaktion war gefühlsmäßig, affektiv und keine wissenschaftliche Auseinandersetzung.
Das Herz als „Erkenntnisorgan“: manchen ist das vielleicht zu romantisch, andererseits bezeichnen manche Psychoanalytiker das Herz als Mittelpunkt und entscheidende Kraft des menschlichen Handelns.
Zum Lesen der biblischen Texte las ich Jahre später bei Martin Luther, dass es beim Lesen biblischer Texte nicht vor allem auf die Bedeutung der Worte und Buchstaben ankommt, sondern auf das affektive Verstehen biblischer Texte.
Szenenwechsel:
Wie war das bei Ihnen?!? Wie schlug der christliche Glaube in Ihnen seine Wurzeln?
War das ein langsames Hineinwachsen in diese Tradition?
Oder gab es eine Initialzündung: Ihr Herz wurde berührt – emotional traf Sie etwas und zog Sie an? Und sie fühlten: Ja, das ist es!
Oder war das Wichtigste bei Ihnen ein langes intellektuelle Ringen?
Jedenfalls: Warum und wieso hatte „die Sache mit Gott“ für Sie irgendwann eine Bedeutung und war so etwas wie Brot – Licht – Wahrheit?!?
Szenenwechsel:
„Ich bin das Brot des Lebens“.
Im Johannes-Evangelium spricht Jesus mehrmals in solchen ICH BIN- Bildworten:
Ich bin das lebendige Brot des Lebens. Ich bin das Licht der Welt.
Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Die Bedeutung dieser Bildworte ist schillernd und nicht eindeutig.
Klar ist der absolute Anspruch in den Worten: Ich bin DAS Brot des Lebens! ICH BIN DAS Licht der Welt! Ich bin DER Weg, DIE Wahrheit, DAS Leben.
Unschärfer ist die genau Bedeutung der Bild-Worte.
Das ist, wie wenn man ein Kirchenfenster von Chagall oder eine Ikone anguckt:
wir sehen mal dies und mal das, erkennen aber nicht unbedingt das Ganze.
Dem Ganzen kommen wir etwas näher durch das Johannesevangelium selbst.
Johannes und Jesus sprechen von verschiedenen Brotsorten. Einerseits spricht Jesus vom Brot des Lebens. Andererseits von dem Brot, das das Volk Israel in der Wüste bekam.
Die Flucht aus Ägypten war gelungen, aber die Menschen hatten Hunger und sehnten sich nach den Fleischtöpfen in Ägypten. Und fragen sich: Was soll die ganze Freiheit jetzt, wenn wir nichts zu essen haben? Dann doch lieber Sklaverei, aber wenigstens keinen Hunger.
Das Manna, das das Volk dann von Gott bekam, schützt vor dem Verhungern, aber nicht vor dem Sterben. Jesu Erwähnung der Geschichte hört sich an wie ein Kommentar:
Der Mensch lebt eben nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes hervorgeht.
Kurz vor unserem Predigttext gibt es noch eine weitere Brotgeschichte, die Speisung der 5000 mit 5 Broten und 2 Fischen. Mir geht es hier nur darum: im Alltagsglauben und Alltagshandeln der Menschen verwandelte sich diese Geschichte zu einer Geschichte der Gastfreundschaft im Namen Jesu und Menschen luden über Jahrhunderte mal eben 3, 5 oder 7 zusätzliche kleinere oder größere Gäste ein, sich mit an den Essenstisch zu setzen. Die Suppe wurde verlängert, mit dem Brot improvisiert und das Essen reichte wundersamerweise für viel mehr Leute als gedacht. Diese Speisung der 5000 liest sich im Zusammenhang des Evangeliums wie ein Kommentar: „Ich bin das Brot des Lebens!“ – und in meinem Namen und im Namen dessen, der mich gesandt hat, reichen die Brote und die Fische, wenn ihr das Wunder vollbringt, zu teilen.
Das „ewige Leben“, von dem Jesus spricht, leitet sich vom „Brot des Lebens“ ab.
Im Neuen Testament ist mit „ewigem Leben“ meistens ein Zustand gemeint, den man erben kann. Den man als Belohnung für richtiges Verhalten im gegenwärtigen Leben erreicht.
Diesen Zusammenhang spiegelt eines der berühmtesten Gleichnisse Jesu: das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Erinnern Sie sich?
Dort fragt ein Schriftgelehrten Jesus: „Was muss ich tun, Rabbi, damit ich das ewige Leben erbe?“. Jesus antwortet: „Was steht dazu im Gesetz? Was liest Du?“.
Der Schriftgelehrte antwortet: „Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, ganzer Seele und deiner ganzen Kraft. Und deinen Nächsten wie Dich selbst“.
Jesus antwortet darauf: „Du hast richtig geantwortet. Tue das und du wirst leben“.
Lebe also das höchste Gebot und Du wirst leben. „Nicht endend“, das ist die genauere Übersetzung des griechischen Wortes für „ewig“.
Mir geht es in dieser Predigt vor allem darum, Sie und mich selbst anhand des etwas steilen Predigttextes zu fragen:
War das so – dass Jesus und seine Worte irgendwann Brot des Lebens für Sie wurden?
Lösten diese Worte ein Echo in Ihnen aus, trafen in ihnen auf eine Resonanz?
Entstand daraus ein Weg, den Sie mit Ihrem Vertrauen in Gott gingen?
Bei mir lösten die Worte „Ihr seid das Salz der Erde“ eine Resonanz aus:
zuerst mein Theologie-Studium, später meinen Beruf. Mit all meinen Überzeugungen, Fragen und Zweifeln. Mit allen Gipfeln und Enttäuschungen.
Bei ihnen war es ein anderer Weg, mit anderen Fragen und Zweifeln, Gipfeln und Enttäuschungen.
Die entscheidende Frage aber ist:
ob Jesu Worte vom Brot des Lebens, dem Licht der Welt und vom Weg, der Wahrheit und dem Leben - ob das alles nur Behauptungen Jesu sind -
oder ob es davon Spurenelemente in uns gibt, ob diese Worte also eine Resonanz in uns fanden - und wir uns dauerhaft sozusagen als eine Art Resonanzboden Gottes erlebten.
Die Erinnerung an diese Resonanz Gottes in uns
(und vielleicht auch unsere Resonanz in Gott),
diese Bestandsaufnahme unserer Erinnerung brauchen wir, glaube ich,
für unsere Harmonie mit Gott und uns selbst.
Wir brauchen unsere tiefste Wahrheit für unsere Harmonie mit der Welt, dem Kosmos und anderen Menschen.
Um bei all unserem eigenen Getue und allem Gewusel in der Welt nicht durchzudrehen. Um nicht aus der Bahn zu fliegen aus Überforderung an Wahrheiten im Plural und scheinbar unendlichen Wegen und Lebensmöglichkeiten.
Damit das Durcheinander an Diskussionen und Nachrichten in der Welt
sich nicht spiegelt in einem Durcheinander in unseren Köpfen und Herzen, deshalb
brauchen wir unsere Orientierung an unserem Brot des Lebens und der Resonanz Gottes in uns.
Mit unserer Erinnerung an diese Resonanz Gottes können wir gleich Abendmahl feiern!
„Der Herr sei mit Euch – Die Herzen in die Höhe“! „Kostet und sehet, wie freundlich der Herr ist“. Das sind unsere Worte zur Einleitung des Abendmahls.
Das Brot des Lebens und der Wein des Lebens gehen in uns über!
Gehen unter die Haut und über in Fleisch und Blut.
Wir teilen Jesus Christus untereinander, ER schenkt sich uns in Brot und Wein.
Wir schenken ihm unser Vertrauen und unsere Dankbarkeit.
Weil wir uns selbst auf unserem Weg ihm verdanken.
Auch untereinander verdanken wir uns ihm, ohne IHN gäbe es unser Miteinander nicht.
Am Ende des Abendmahls fassen wir uns immer an unseren Händen.
Als Zeichen unserer Verbundenheit in ihm.
Und als Zeichen dafür, dass wir füreinander Brot und Wein werden.
Brot und Wein für unseren Durst und Hunger auf unserem Weg,
auch für den Durst und den Hunger nach Gerechtigkeit, um satt zu werden.
Gewandeltes Brot und gewandelter Wein, um uns zu verwandeln.
Gewandelt für die Wahrheit und das Leben.
Um Miteinander und füreinander Menschen zu werden,
die sich gegenseitig Brot und Wasser sind.
Jesus lebt als Brot für die Welt -
damit wir als seine Menschen des Abendmahls
füreinander zum Brot für die Welt werden.
In aller Welt und über diese Welt hinaus.
Amen.
Predigt am Sonntag Okuli, 23.03.25 in der DEKA, in Carvoreiro
Die Liebe Gottes und die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde!
Es ist Passionszeit – seit 2 ½ Wochen. Also die Zeit, in der wir Christinnen und Christen an die Leidensgeschichte Jesu erinnern: die Verurteilung - den Verrat - die Kreuzigung.
Die Passionszeit wird auch Fastenzeit genannt, weil viele gläubige Menschen fasten: bewusst auf etwas verzichten oder sich Zeit nehmen zum Innehalten, für Besinnung und Gebet.
So wie es auch Jesus zu Lebzeiten tat, wenn er sich für sich selbst Rückzugsorte und bewusste Zeiten nahm, um mit Gott in besonderer Weise im Kontakt zu sein.
Haben Sie ein Ritual, das besonders in dieser Zeit für Sie eine Rolle spielt? Verzichten Sie vielleicht bewusst auf etwas, was Ihnen eigentlich sehr wichtig ist? Oder lesen Sie bestimmte Texte, von denen Sie sich inspirieren lassen?
Mich begleiten seit ein paar Jahren die Texte der Fastenaktion „Sieben Woche ohne“ durch die Passionszeit. Seit mehr als 40 Jahren gibt es diese bundesweite Aktion der Evangelischen Kirche in Deutschland, die am Aschermittwoch beginnt und am Ostersonntag endet. Mit jährlich mehr als zwei Millionen TeilnehmerInnen gilt sie in Deutschland
als bekannteste kirchliche Aktion nach „Brot für die Welt“. „Sieben Wochen ohne“ will helfen, in den Fastenwochen innezuhalten, und diese bewusst zu erleben und zu gestalten.
Dabei wechseln jährlich die Schwerpunkte. In diesem Jahr heißt es: „Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik!“ Dazu schreibt Ralf Meister, Landesbischof der Landeskirche in Hannover und zugleich Botschafter der Aktion „7 Wochen ohne“, in seinem Vorwort: „Rund 20.000 Mal am Tag atmen wir ein und aus, versorgen unseren Körper mit Sauerstoff,
beeinflussen unseren Herzschlag und sogar die Stimmung. Dabei leben wir in atemlosen Zeiten. Gewalt und Hass sorgen uns. Panik verbreitet sich und treibt uns in die Enge.
Eine Sprache der Dauerempörung macht uns taub. Immer schwerer wird es, ruhig zu atmen und sich dieser Überwältigung zu entziehen. Die Suche nach dem, was wir wirklich brauchen, die Frage nach den Quellen unseres Trostes und unserer Freude brauchen Zeiten des Luftholens. Die Wochenthemen der Fastenaktion führen Sie in eine Zeit, die quer zu der Atemlosigkeit unseres Alltags steht.“
„Luft holen – Sieben Wochen ohne Panik“ Ein schönes Motto – denke ich beim 1. Lesen. Doch dann denke ich, dass es so leicht ja nicht ist, die Angst und die Panik beiseite zu legen.
Ich kenne viele Menschen, denen die Nachrichten in den letzten Monaten sehr an die Nieren gegangen sind, und die Angst vor dem Krieg ihnen schlaflose Nächte bereitet.
Angesichts der vielen schlechten Nachrichten, die auf uns einprallen, finde ich es kein Wunder, wenn Angst und Panik in uns aufsteigt. Nein, so leicht ist es nicht, 7 Wochen ohne Panik zu leben.
Das aber behauptet auch niemand von dieser Fastenaktion. Vielmehr will sie uns darin unterstützen, unsere Widerstandskräfte zu stärken und ich stimme Pastor Frank Muchlinsky zu,
wenn er schreibt: „Wir dürfen uns der Realität nicht verschließen, aber wir können ändern, wie wir darauf reagieren. Wir können unsere Angst nicht abstellen, aber wir können unsere Gedanken immer wieder auf Gutes und Hilfreiches lenken.“
Das Wochenthema der 3. Fastenwoche lautet „Singen“ und der biblische Text für diese 3. Fastenwoche ist das Gebet von Jona, das wir vorhin gemeinsam als Psalmgebet
gelesen haben. Erinnern Sie sich? Gott will Jona zum Propheten machen und beauftragt ihn, nach Ninive zu gehen. Dort soll Jona den Leuten verkünden, dass Gott
wegen ihres unwürdigen Verhaltens ihre Stadt untergehen lassen wird. Ninive ist die Hauptstadt des überaus mächtigen und aggressiven Assur.
Keine schöne Aufgabe für Jona! Und so entschließt sich Jona kurzerhand sich zwar auf den Weg zu machen. Allerdings nicht nach Osten, sondern auf den Seeweg auf nach Westen.
Er machte also exakt das Gegenteil von dem, was er tun sollte: Anstatt nach Osten zu gehen, schifft er sich ein, um nach Westen zu fahren. Unterwegs kommt ein Sturm auf und Jona wird schnell klar, dass er der Grund für diesen Sturm ist. Darum lässt er sich von der Besatzung über Bord werfen. Er versinkt, aber Gott schickt einen Fisch, der Jona verschluckt.
In diesem Fisch lebt Jona drei Tage und er tut das, was in unserem Psalmgebet steht: er betet. Jona betet nicht nur mit Worten. Das Gebet, das an dieser Stelle des Jona-Buches steht,
ist ein Psalm, ein „tahillah“. Das heißt übersetzt Loblied. Jona betet singend.
Die Vorstellung, dass da einer im Inneren eines gigantischen Fisches sitzt, hat mich schon als Kind immer fasziniert. Und dass er dort betet, dass konnte und kann ich gut nachvollziehen. Aber dass Jona in dieser engen Umgebung singend betet ist für mich kaum vorstellbar. Liegt es daran, dass ich selbst keine große Sängerin bin. Dass ich mein Gebet
eher in der Stille vor Gott bringe, manchmal Worte nur stammelnd Gott vor die Füße werfe oder mir die Worte des Psalm 23 und des Vaterunsers leihe. Sprechend, nicht singend.
Vielleicht aber hat Frank Muchlinsky auch Recht, wenn er über den singend betenden Jona schreibt: „Leise zu beten würde nicht ausreichen. Selbst ein lautes Aussprechen genügt nicht. Jona ist so überwältigt von seiner Rettung, dass er aus vollem Hals singen muss. Das Gebet macht mehr als deutlich: Jona hatte mit seinem Leben abgeschlossen. Tiefer als er kann man nicht sinken…Weiter entfernt von Gott als im Chaos unter der Schöpfung kann man nicht sein. Aber ausgerechnet hier hat Gott ihn herausgezogen aus dem Verderben.
Da können einem schon Enge und Fischgestank egal sein, da fängt man an, Gott aus voller Lunge zu loben.“
Wie ist es bei Ihnen? Wann singen Sie? Nur mit anderen zusammen? Oder auch allein? Oder nur allein? Unter der Dusche - am Meer - im Auto ? Singen kann unsere Widerstandskräfte stärken. Davon bin auch ich überzeugt. Singen verbessert die Stimmung und macht glücklich, das wurde in mehreren Untersuchungen nachgewiesen. Vielleicht kann es uns helfen,
in dieser so oft atemlosen Zeit es einfach immer mal wieder zu wagen, zu singen. Laut oder leise. Hauchend oder lauthals. Allein oder mit anderen gemeinsam. Hier jetzt in der Kirche – zuhause am Essenstisch – oder sonst wo. Singen - singend beten, um uns nicht schwächen zu lassen, sondern den Anforderungen unserer Zeit gestärkt entgegenzutreten. Das wäre doch lohnenswert, oder?
Jona wurde ein 2. Mal von Gott gerettet. Der Fisch spült ihn ans Land. Und dieses Mal geht er in die Stadt Ninive als Prophet. Und dann geschieht etwas, was Jona überhaupt nicht erwartet hat: Die Leute von Ninive nehmen seine Mahnung ernst! Sie erschrecken! Sie wollen Buße tun! Ja, selbst die Mächtigen sind bereit, ihren Lebenswandel zu verändern.
Die Umkehr der Menschen verhindert den Untergang, weil Gott sich von dieser Umkehr beeindrucken lässt. Gott ist nicht statisch. Gott ist ein Gott, der in Beziehung mit den Menschen lebt.
Jona allerdings fühlt sich geradezu blamiert. Er hat Zerstörung vorausgesagt - sie aber wird nicht eintreffen. Jona ist fast enttäuscht, weil es ja scheint, als hätte er Falsches prophezeit.
Vielleicht weil Jona noch lernen muss, dass Gott das Leben will und nicht Rache und Opfer. Gott kennt die Menschen in Ninive und lässt sich anrühren von ihrem Willen zur Umkehr.
Auch darin will uns diese alte Geschichte des Propheten Jona in dieser Passionszeit und darüber hinaus ermutigen und unsere Widerstandsfähigkeit stärken.
Amen.
Übrigens finden Sie die Fastenaktion der EKD Sieben Wochen ohne
auch im Netz – mit Texten für diese Zeit .
Lohnenswert – wie ich finde.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unser Denken und Fühlen, bewahre uns in Jesus Christus. Amen.
Pn. Thekla Röhrs i.R.
(Es gilt das gesprochene Wort)
DEKA – Deutschsprachige evangelisch-lutherische Kirchengemeinde im Algarve. E-Mail:
Vakanzvertreter in: Pfarrerin Christina Gelhaar, Tel.: 918 973 807. Wenn Sie sie sprechen wollen, rufen Sie sie gerne an.
Unsere Gemeindearbeit finanziert sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Wir freuen uns über jede Spende auf unser Konto IBAN : PT50 0045 7063 4029 9611 0208 7 - BIC CCCMPTOL
Wir wünschen allen ein frohes, gutes neues Jahr 2025
Jareslosung 2025 1.Thessalonicher 5,21
Prüfet alles und behaltet das Gute!
πάντα δὲ δοκιμάζετε, τὸ καλὸν κατέχετε
julgai todas as coisas, retende o que é bom
Diese Worte aus dem ersten Thessalonicherbrief begleiten uns als Jahreslosung durch das Jahr 2025. Prüfet alles. Nichts müssen wir hinnehmen, verlangt wird kein Gehorsam und keine unterwürfige Folgsamkeit. Alles darf auf Herz und Nieren geprüft werfen, jeder Stein darf umgedreht werden. Das ist nicht nur ausdrücklich erlaubt, sondern wir werden dazu sogar ermutigt!
Prüfet alles und behaltet das Gute! Das verlangt Fokussierung; denn es ist nicht gleich-gültig, wie wir uns entscheiden und handeln. Es gilt zu prüfen, zu untersuchen, zu analysieren. Was war gut, was ist gelungen? Worauf können wir aufbauen? Was war hinderlich? Was hat geschadet, was dem Wohl anderer gedient? Eine solche Prüfung braucht Zeit, denn nach Möglichkeit soll niemandem unrecht geschehen. Angesichts der medial sich ständig beschleunigenden Welt bleibt zu erinnern: Schnelligkeit ist kein Wert an sich.
Prüfet alles und behaltet das Gute! Als Paulus in seinem ersten Brief an die Gemeinde diesen Satz schreibt, gibt es noch kein Neues Testament, keine Evangelien, keinerlei kirchliche Strukturen. Paulus ist auf einer seiner beschwerlichen Missionsreisen im östlichen Mittelmeerraum unterwegs. Er will die Menschen – Heiden wie Juden - von Christus überzeugen. Darum gründet er Gemeinden und besucht die Menschen. Häufig trifft er auf Fragen und Probleme, die den neuen Glauben betreffen: Wie lange müssen wir noch auf die Wiederkunft Christi warten? Was ist mit denen, die schon vor der Wiederkunft gestorben sind? Wer hat in der Gemeinde das Sagen? Gelten die alten Speisegebote noch? Auch in der Gemeinde in Thessaloniki, einer großen Hafenstadt mit Menschen “aus aller Herren Länder” gibt es Fragen. Paulus weiß: Wenn Menschen unterschiedlicher Herkunft mit unterschiedlichen Sprachen, Lebensgewohnheiten und Religionen beieinander leben, ergeben sich Spannungen beinahe automatisch. Da braucht es Toleranz und Aufgeschlossenheit, Interesse aneinander, guten Willen und Geduld. Man muss sich gegenseitig kennenlernen und miteinander sprechen, einander befragen. Paulus, der ehemalige Christenverfolger und nun Anhänger Jesu Christi, hat am eigenen Leib erfahren,
Dass Menschen gut daran tun, Neuem, Fremdem mit Offenheit zu begegnen. Denn auch andere Meinungen als die eigene, auch andere Einstellungen und Traditionen können ihren Wert haben und berechtigt sein. Nicht alles, wovon man selbst überzeugt ist, was man denkt oder tut, ist gut oder richtig oder taugt gar als Maßstab für andere. Paulus ist davon überzeugt, dass es richtig und wichtig ist, zunächst zu sehen, zu hören und wahrzunehmen; die Vielfalt zu erkennen und anzuerkennen. Erst im zweiten Schritt gilt es zu überlegen, an welchen eigenen Überzeugungen man festhalten will, und was von anderen man sich zu eigen machen will. Die Jahreslosung weitet unseren Blick und macht Mut: Die Welt ist vielfältig, und Vielfalt ist Reichtum. Wer sich mit dieser Vielfalt beschäftigt und wohlwollend prüft, was ihm begegnet, macht sich ein Bild von dem, was und wie andere glauben, leben und lieben. Andere(s) dabei gelten zu lassen zeugt von eigener Selbsterkenntnis und ist der Schlüssel zu einem guten Leben - für sich, für andere und für die Gemeinschaft.
Anne Peters-Rahn, Pfarrerin i.R.
Pfarramt, Urb Sesmarias, Lote 84, 8400-565 Carvoeiro Mob 960244439 Mail: