Ankündigung der Geburt Jesu 25. März

Am 25. März, neun Monate vor Weihnachten, feiern die Kirchen den Tag Mariä Verkündigung. Lukas (1,26-38) berichtet, wie der Engel Gabriel Maria die Geburt eines Kindes ankündigt. Auf die Frage, wie das vor sich gehen solle, antwortet er: „Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“  Diese Stelle ist Grundlage für das Ave Maria: „Gegrüßet seist Du Maria“.  Selbst der Koran erwähnt die Verkündigung Mariens. Dieses Fest erscheint relativ spät im christlichen Kalender, nämlich erst, nachdem sich der 25. Dezember als Geburtstag Jesu durchgesetzt hatte, etablierte die Kirche den 25. März als Tag der Verkündigung der Geburt Jesu. Dieser Prozess war im 7. Jahrhundert abgeschlossen. Sinnigerweise liegt der Termin auf dem Tag des antiken, römischen Weltfrauentages.  Interessant ist, dass die christliche Lehre fünf Stadien als Reaktion auf die Verkündigung kennt: auf die Conturbatio folgen Cogitatio, Interrogatio, Humilitatio und Meritatio, also Verwirrung, Nachdenken, Nachfragen, Unterwerfung und Wertschätzung. Das entspricht ziemlich genau dem, was Elisabeth Kübler-Ross für die Abfolge der Trauerphasen beschreibt: Leugnen, Wut, Feilschen und Verhandeln, Depression und Annahme. וְאֵין כָּל חָדָשׁ תַּחַת הַשָּׁמֶשׁ – v’ein cal chadash tachat ha shämäsh – Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Ich denke, es ist überhaupt ein Grundmodell psychischer Verarbeitungsweise von innerseelischen Konflikten und Herausforderungen. Die Verkündigung der Mariä ist immer wieder musikalisch bearbeitet worden. Bach schreibt zwei Kantaten „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ und „Himmelkönig sei willkommen“.  Das „Ave Maria“ ist von vielen Komponisten vertont worden. Charles Gounod und Schubert sind hier stellvertretend zu nennen. Selbst Karl May soll ein Ave Maria geschrieben und vertont haben. Ebenso in der Malerei. Jede Epoche malt ihre Deutung. Das Gemälde stammt von Gaudenzio Ferrari (1512). Er hat es als Liebesszene gemalt. Der Engel überreicht die Blume seiner Angebeteten. Maria neigt ihr Gesicht dem Ankömmling zu, keine Spur von Fremdheit. Und natürlich gibt es auch eine Bauernregel: „Mariä Verkündigung kommen die Schwalben wiederum."  Denn früher war der 25. März der Beginn des Frühjahres.

 

Cyrill von Jerusalem 18. März

Cyrill wächst in einem christlichen Elternhaus auf. Es gibt Hinweise, dass er Mönch war, bevor er von Makarios I. 335 zum Diakon und 345 zum Priester geweiht wird. Nach dessen Tod 351 wird er zum Bischof von Jerusalem wohl durch den Metropoliten Achatius von Cäsarea geweiht. Zur Zeit Cyrills tobt der theologische Streit zwischen den Arianer und den Orthodoxen. Goethe dichtet später: Zwei Parteien sind es, die sich boxen, die Arianer und die Orthodoxen. Da wird mit ziemlich harten Bandagen gekämpft. Deshalb muss Cyrill mehrmals in die Verbannung gehen. Das erste Mal 357 bis 359. Das zweite Mal 360 bis 362. Achatius von Caesarea, ein Arianer, wirft ihm Ketzerei vor, und weil das nicht reicht, kommt der Vorwurf der Unterschlagung von Kirchengütern zugunsten der Armen hinzu.  Wo käme die Kirche denn hin, wenn sie ihren Besitz zugunsten der Armen verkaufte?! Eine weiter Verbannung trifft ihn 367 bis 378 unter Kaiser Valens. Cyrill verbringt also fast die Hälfte seiner Amtszeit im Exil. Ob er seine Bezüge in der Verbannung weiter erhält, ist Gegenstand der Forschung. Belegt ist, dass er 359 an der Synode in Seleukia in Isaurien, dem heutigen Silifke, teilnimmt. 362 widersetzte er sich dem Versuch von Kaiser Julian Apostata, den zerstörten Tempel in Jerusalem wiederaufzubauen, was Grund für eine weitere Zeit in der Verbannung war. Cyrill schlägt sich wohl längere Zeit auf die Seite der Arianer, aber auf der Synode von Alexandria 362 schließt er sich der Mehrheitsmeinung der Orthodoxen, an. Das 2. ökumenischen Konzil in Konstantinopel 381 stuft ihn als rechtgläubig ein und anerkennt seine Bischofswahl als rechtmäßig. Cyrill ist der Schöpfer der sogenannten Jerusalemer Liturgie, die durch die zahlreichen Pilger schnell zum Vorbild für andere Messformulare der Kirche wird.  Insgesamt sind 24 Predigten erhalten, gerichtet an Taufanwärter, in denen er das Glaubensbekenntnis auslegt, auf das er detailreich eingeht. Prägend für die katholische Kirche ist seine Beschreibung über ihren Auftrag und ihr Wesen: 

Die Kirche heißt katholisch, weil sie auf dem ganzen Erdkreis, von dem einen Ende bis zum anderen, ausgebreitet ist, weil sie allgemein und ohne Unterlass all das lehrt, was der Mensch von dem Sichtbaren und Unsichtbaren, von dem Himmlischen und Irdischen wissen muss, weil sie das ganze Menschengeschlecht, Herrscher und Untertanen, Gebildete und Ungebildete, zur Gottesverehrung führt, weil sie allgemein jede Art von Sünden, die mit der Seele und dem Leibe begangen werden, behandelt und heilt, endlich weil sie in sich jede Art von Tugend, die es gibt, besitzt, mag sich dieselbe in Werken oder Worten oder in irgendwelchen Gnadengaben offenbaren.“ 

Der sogenannte arianische Streit im 4. Jahrhundert dreht sich im wesentliche um die Frage ob der in Jesus Christus inkarnierte Logos göttlich, gottähnlich oder anders als Gott, nämlich geschöpflich sei. Arius vertritt die Meinung, dass Jesus Christus als Sohn Gottes ‚geschaffen‘ und so Gott untergeordnet sei. Das Gegenteil vertreten die sogenannten Nizäner. Ihr auch heute noch verwendetes Glaubensbekenntnis hält fest, dass der Sohn wahrer Gott, gezeugt aus dem Wesen des Vaters, aber nicht geschaffen und daher nicht Teil der Schöpfung sei. Der theologische Streit wird auf dem Konzil in Konstantinopel 381 mit der Neuformulierung des sogenannten Nicäno-Konstantinopolitanum beigelegt.

14. März Johann Salomo Semmler 

Am 14. März 1791 stirbt in Halle der evangelische Theologe Johann Salomo Semmler. Muss man/frau ihn kennen? Nein. Und doch ist das, was wir Heutigen unter wissenschaftlicher Theologie und Religion verstehen ohne ihn nicht vorstellbar. Geboren wurde er am 18. Dezember 1725 in Saalfeld. Sein Vater war Pfarrer und Superintendent, die Familie fromm, vom Pietismus geprägt. Der Pietismus will dem vermeintlich laschen, mangelhaften Alltags- und Kirchenglauben durch eine streng christliche Lebensführung und Ernsthaftigkeit eines persönlichen Glaubens entgegenwirken.  Ab 1743 studiert Semmler an der Universität Halle, der Hochburg pietistischer Theologie. Nach Beendigung des Studiums 1750 geht er als Lehrer für arabische Sprache an das Gymnasium in Coburg. 1752 kehrt er mit Hilfe seines Lehrers Sigmund Jacob Baumgarten als Professor für Theologie nach Halle zurück. Aber als Professor setzt sich Semler kritisch mit dem Pietismus auseinander, am Ende distanziert er sich davon.  Sein von der Aufklärung geprägte theologisches Denken beendet den Einfluss des Pietismus auf die Universitätstheologie. Er war maßgeblich daran beteiligt, dass wissenschaftliche Methoden in die universitäre Ausbildung von Theologen und Pfarrern eingeführt wurden.  Standartwerk für lange Zeit wird seine vierbändige „Abhandlung von freier Untersuchung des Canons“. Semlers Forschungen zeigen, dass biblischen Texte, also die Überlieferung der göttlichen Offenbarung, eine Sammlung unterschiedlichster Schriften und Autoren aus verschiedenen Zeiten handele. Er konzentrierte die exegetische (die Auslegung eines Textes) Arbeit auf ‚Textkritik‘ und legt den Grundstein für die moderne historisch-kritische Exegese. Bis heute wissenschaftliche Strandartmethode. Der Text wird befragt: wann ist er entstanden? Hat er eine Vorgeschichte oder Vorläufer? Aus welchem Anlass ist er entstanden? Wer ist der Adressat? Welche Frage will ein Text beantworten? Wie ist seine Traditions- und Überlieferungsgeschichte? Und viele mehr. Semmlers Forschungen entziehen der von der lutherischen Orthodoxie, aber nicht nur von ihr, vertretenen Auffassung von der Verbalinspiration der Schrift den Boden. Der Auffassung also, die Texte der Bibel seien dem Schreiber vom Heiligen Geist direkt in die Feder diktiert worden. Ganz verschwunden ist diese Ansicht bis heute nicht. In pietistischen Kreisen und in fundamentalistischen Strömungen gilt sie bis heute. Ach im Diskurs, wie man den Koran zu lesen habe. Mit Semmlers Forschungen entsteht freilich ein neues Problem. Semmler und andere Aufklärungstheologen trennen nun zwischen einer wissenschaftlichen Theologie, der christlichen Religion bzw. der Privatreligion. Die Theologie habe sich mit den Texten der Bibel (und anderen Religionen) und der Dogmengeschichte nach wissenschaftlichen, rational nachvollziehbaren Methoden der Auslegung (Hermeneutik) auseinanderzusetzen.  Sie wird an Universitäten gelehrt. Gelebte Religion, privater Glaube bildet sich in selbständiger, individueller Auseinandersetzung mit den Texten, sei erfahrungsgeleitet und verfolge andere (existentielle) Fragestellungen. Der eigene Glaube sei innerliche Religion des mündigen Individuums, die keiner Konfession bedarf. Semmler setzte sich für Gewissensfreiheit und Toleranz nicht nur in Fragen der Religion ein. Wenn wir in unseren heutigen Gesellschaften sagen, Religion sei eine Privatsache, dann zitieren wir damit die Aufklärung. Und tun gut daran. Damit ist aber die Frage, welche Rolle Religion in unserem gesellschaftlichen und politischen Denken und Handeln spielt, bzw. wo ihr Grenzen zu ziehen sind, nicht beantwortet. Sie muss immer wieder neu verhandelt werden. Für die Ausbildung unseres privaten Glaubens ist es fruchtbar, wenn wir die wissenschaftliche theologische Forschung zur Kenntnis nehmen und sich von ihr befragen lassen.  Das Umgekehrte gilt ebenfalls. Wissenschaftliche Theologie muss mit unserem Erfahrungshorizont konfrontiert werden. „Sapere aude.“ Wage es, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Wobei das Wort ‚sapere‘ eigentlich ‚schmecken, riechen‘ bedeutet. Also wäre das alte Horazzitat auch übersetzbar mit: ‚Wage es, dir einen eigenen Geschmack zu bilden.‘ Daniel Friedrich Schleiermacher, Nachfolger von Semmler Professur in Halle, wird in seiner Hauptschrift ‚Über die Religion‘ diese als „Sinn und Geschmack für das Unendlich“ beschreiben.

12. März Gregor der Grosse

Der 12. März ist für die reformatorischen Kirchen Gedenktag für Papst Gregor I. Geboren 540 als Sohn der alten römischen Patrizierfamilie der Anicier. Seine Familie stellte im ausgehenden weströmischen Reich zwei Kaiser und einen Papst (Felix II). Gregor begann seine Karriere als stadtrömischer Verwaltungsfachmann, die ihn bis in das höchste Amt des Stadtpräfekten von Rom führte. Nach dem Tod seines Vaters 575 entschied er sich für ein Leben als Mönch und gründete in der Villa seiner Familie das Kloster Santi Andrea e Gregorio al Monte Celio. Dieses Kloster besteht noch heute. Weiter Klostergründungen in Italien folgten. Vier Jahre später schickt ihn Papst Pelagius als Botschafter des Bischofs von Rom nach Konstantinopel. Griechisch hat er nicht gut verstanden, weshalb wohl seine Mission nicht so richtig erfolgreich war. Jedenfalls gelang es ihm nicht, von Kaiser Justinian militärische Unterstützung für die Abwehr der Langobarden zu erhalten. Was er aber aus Konstantinopel mitbrachte, waren große Bußprozessionen zu Ehren der Maria, die er als späterer Papst in Rom erstmals 590 anlässlich eines Ausbruchs der Pest durchführen ließ. An dieser Pest starb Pelagius, Gregor wurde sein Nachfolger. Er führte den Titel ‚servus servorum dei‘ (Diener der Diener Gottes), den auch die heutigen Päpste noch führen. Auf seinem Grab steht der Titel ‚consul dei‘. Dieser Titel, den er sich selber gab, weist auf seinen Machtanspruch hin, denn Gregor betreibt den Alleinvertretungsanspruch des römischen Bischofs für die ganze Christenheit. Das brachte ihn natürlich in Konflikt mit den Patriarchen in Konstantinopel Johannes IV. Nesteutes, der den Titel eines ökumenischen Patriarchen führte. In Italien hat Gregor sich die Vormacht wohl durch gezielte Bestechung kaiserlicher Beamter in Ravenna gesichert. Dass die kaiserliche Macht in Italien schwach war, spielte Gregor in die Hände. Er verhandelte eigenmächtig mit den Langobarden über einen Abzug, organisierte die Getreideversorgung von Rom und schaffte durch geschickte Zusammenlegung der Besitztümer der Kirche in Süditalien und Sizilien die Grundlage dessen, was später der Vatikanstaat wurde.  Am Monatsanfang wurden Lebensmitteln an Arme und Bedürftige verteilt. Seine Mitbischöfe ermahnte er, der Hungernde sei nur dann für eine Predigt empfänglich, wenn ihm zuvor eine „helfende Hand“ gereicht worden sei. Brecht fasst das später in das Bonmot: „Zuerst kommt das Fressen und dann die Moral.“ Kirchenpolitisch war Gregor sehr erfolgreich. So schaffte er die ‚Simonie‘ (Ämterkauf) und die Laienordination ab. Durch regelmäßige Treffen der Bischöfe zu Synoden verfestigte er seinen Anspruch auf die Führung der lateinischen Kirche.  Er initiierte die Rekatholisierung Britanniens und Spaniens und bewirkte die Abkehr der Langobarden vom Arianismus. Manche Fortscher sehen Gregor daher als ersten mittelalterlichen Papst. Über die von ihm gegründeten Klöster konnte er überall seinen Machtanspruch durchsetzen.  Dabei war Gregor nicht zimperlich. Anlässlich der Christianisierung Sardiniens gab er den Ukas aus: „Wenn ihr feststellt, dass sie nicht gewillt sind, ihr Verhalten zu ändern, so befehlen wir, dass ihr sie mit größtem Eifer verfolgt. Sind sie unfrei, so züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie zur Besserung zu zwingen. Sind sie aber freie Menschen, so sollen sie durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die sich weigern, die heilsamen Worte zu hören, welche sie aus den Gefahren des Todes erretten können, durch körperliche Qual der erwünschten geistigen Gesundheit zugeführt werden.“ Zusammengefasst: Und willst du nicht mein christlicher Bruder sein, dann hau ich dir die Fresse ein. Diese Haltung wurde ein probates Mittel kirchlichen Handelns gegenüber Andersdenkenden und Andersglaubenden für viele Jahrhunderte. Eine Strategie, die Putin in diesen Tagen gegenüber seinen ukrainischen Brüdern anwendet und von Diktatoren aller Couleur gerne angewendet wird. Gregor führte eine Reform der Liturgie durch. Die ‚gregorianischen Choräle‘ stammen allerdings nicht von ihm. Sie gehen auf das Konto von irischen Mönchen. Die Liste der noch heute gültigen Todsünden stammt wohl von ihm: Hochmut, Völlerei, Neid, Zorn, Trägheit, Geiz, Wollust. Und er war Verfasser von zahlreichen Schriften, die in der katholischen Kirche noch heute große Bedeutung haben.  Am 12. März 604 stirb Gregor. 1295 wird er heiliggesprochen. Er gilt als Patron des kirchlichen Schulwesens, der Bergwerke, des Chor- und Choralgesanges, der Gelehrten, Lehrer, Schüler, Studenten, Sänger, Musiker, Maurer, Knopfmacher. Und hilft gegen Gicht und Pest (nicht wirklich). Natürlich gibt es auch Bauernregeln wie: „Gregor zeigt dem Bauern an, / dass im Feld er säen kann.“ – „Um den Tag des St. Gregor, / da kommen auch die Schwalben vor.“

 

3. März Beginn der Woche der christlich-jüdischen Zusammenarbeit

(bis 2023 Woche der Brüderlichkeit)

 

(Igor Levit)

Am 3. März beginnt die Woche der christlich-jüdischen Zusammenarbeit, die bis 2023 „Woche der Brüderlichkeit“ hieß, mit einem Festakt im Residenzschloss Mainz. In vielen lokalen Veranstaltungen in den folgenden Monaten geht es um die Verständigung zwischen Christen und Juden, den Kampf gegen Antisemitismus und Diskriminierung, sowie das friedliche Zusammenleben der Religionen. Schirmherr der „Woche der Brüderlichkeit“ ist der Bundespräsident. In der Eröffnungsfeier wird seit 1968 die Buber-Rosenzweig-Medaille durch den Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit verliehen. Die Medaille wird in Erinnerung an die jüdischen Philosophen Martin Buber und Franz Rosenzweig verliehen. Nach dem Zweiten Weltkriegs wurde die Initiative zur Gründung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Deutschland angeregt. Solche Gesellschaften gab es schon in den USA, Großbritannien, Frankreich und der Schweiz. Beim Aufbau der ersten Gesellschaften waren Angehörige der amerikanischen Besatzungsmacht im Rahmen ihres Erziehungsprogramms der Deutschen zur Demokratie beteiligt. In München, Wiesbaden, Frankfurt/M., Stuttgart und Berlin wurden 1948/49 die ersten Einzelgesellschaften gegründet. Der Deutschen Koordinierungsrat mit Sitz in Bad Nauheim koordiniert die mehr als 80 lokalen Einzelgesellschaften mit über 20.000 Mitgliedern.  An vielen Orten in der Bundesrepublik entstanden weitere Gesellschaften, nach 1989 auch in den neuen Bundesländern. Der Schwerpunkt der Aktivitäten hat sich mehrfach verlagert. So standen am Anfang erzieherische, dann theologische oder politische Fragen im Vordergrund. Mit Erfolg traten die Gesellschaften für eine Revision des christlichen Religionsunterrichts, die Überwindung von Antijudaismus in Theologie und Kirche, die Anerkennung Israels, die Aussetzung der Verjährung von NS-Verbrechen und immer wieder für eine angemessene „Wiedergutmachung” an den Überlebenden des Holocaust ein.

In diesem Jahr wird die Buber-Rosenzweig Medaille an den Pianisten Igor Levit überreicht. Die Laudatio hält Katharina von Schnurbein, Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission.  Im Text des deutschen Koordinierungsrates lesen wir folgendes: „Citizen. European. Pianist.“ – mit diesen Stichworten beschreibt Igor Levit sich selbst auf seiner Website. Die Reihenfolge ist Programm. Zuallererst begreift sich der als einer der besten Pianisten der Welt geltende Künstler als „Citizen“ – als Bürger. Dabei ist er nicht nur ein Bürger Deutschlands, sondern als „European“ einer, der sich als Teil dieses Kontinents mit seiner historischen Verantwortung versteht. Levit möchte vor allem als ein Mensch wahrgenommen werden, der politisch mitgestalten will. Entsprechend gehören für Igor Levit seine Musik und politisches Engagement zusammen. Er ist Pianist und Aktivist. Dafür hat er bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten.  Die politische Dimension von Musik wird auch das Jahresthema des DKR prägen: „The Sound of Dialogue – Gemeinsam Zukunft bauen“ steht als Überschrift über der Arbeit der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit im Jahr 2024. Musik vermag Menschen jenseits von Worten und über kulturelle, religiöse und soziale Barrieren hinweg zu berühren. Beispielhaft zeigt sich diese Wirkung in den vielen interreligiösen und interkulturellen Chor- und Musikprojekten, die es mittlerweile gibt. Musik kann  zusammenführen, aber auch missbraucht werden, um Menschen gegeneinander aufzubringen. Die Macht der Musik zeigt sich in der Bedeutung von National- und Sporthymnen, in ihrer Rolle bei revolutionären Bewegungen wie in Diktaturen. Sie transportiert Botschaften der Liebe, wie des Hasses – in der Vergangenheit bis heute. Wenn die Menschen eine Zukunft haben sollen, dann nur wenn sie den Dialog suchen, aufeinander zugehen und gemeinsam an einer Welt arbeiten, in der alle frei und ohne Angst leben können. Deshalb gehen wir im nächsten Jahr dem „Klang des Dialogs“ nach mit dem Ziel gemeinsam Zukunft zu gestalten.

28. Februar Dreikaiseredikt

Am 28. Februar 380 unterzeichnen die regierenden Kaiser des römischen Reiches Theodosios I (347-395), Valentinian II. (371-392) und dessen mitregierender Bruder Gratian (359-383) in Thessaloniki das Edikt ‚Cunctos populos‘ – an alle Menschen. Darin wird das Christentum zur Staatsreligion erklärt: "Alle Völker, über die wir ein mildes und maßvolles Regiment führen, sollen sich … zu der Religion bekehren, die der göttliche Apostel Petrus den Römern überliefert hat … und zu dem sich der Pontifex Damasus klar bekennt wie auch Bischof Petrus von Alexandrien … Das bedeutet, dass wir gemäß apostolischer Weisung und evangelischer Lehre eine Gottheit des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes in gleicher Majestät und heiliger Dreifaltigkeit glauben. Nur diejenigen, die diesem Gesetz folgen, sollen … katholische Christen heißen dürfen. Die übrigen, die wir für wahrhaft toll und wahnsinnig erklären, haben die Schande ketzerischer Lehre zu tragen. Auch dürfen ihre Versammlungsstätten nicht als Kirchen bezeichnet werden. Endlich soll sie vorab die göttliche Vergeltung, dann aber auch unsere Strafgerechtigkeit ereilen, die uns durch himmlisches Urteil übertragen worden ist." Das Edikt war ein geschickter politischer Schachzug. Denn außen- wie innenpolitisch war das Imperium geschwächt. Zwei Jahre vorher wurde die gesamte oströmische Armee von den terwingischen Goten in der Schlacht von Adrianopel (378, heute Edirne) vernichtend geschlagen. Konstantinopel wurde nur deshalb nicht erobert, weil eine arabische (!) Söldnerarmee die Stadt gegen Goten unter grausamstem Einsatz verteidigte.  Es folgte ein jahrelanger Kleinkrieg der Kaiser gegen die Goten auf dem Balkan. Innenpolitisch sah es nicht besser aus.  In der Hauptstadt Konstantinopel gab es 380 Straßenkämpfe zwischen ‚Nizänern‘ und ‚Arianern‘. Ihr theologischer Streit dreht sich um die Frage, wie man die ‚Natur‘ Christi fassen könne. Die Nizäner beschrieben ihn als ‚wahren Menschen und wahren Gott‘. Christus sei wesensgleich mit Gott. Für die Arianer war Christus das vornehmstes Geschöpf Gottes, aber nicht wesensgleich. Das Edikt war der Versuch, die innenpolitische Lage im Imperium zu stabilisieren. Die Westhälfte war mehrheitlich nizänisch, in der Osthälfte hielten sich Nizäner und Arianer in etwa die Waage. Wie auch immer, das Edikt stärkte die Macht der nizänischen Kirche, insbesondere die Macht ihrer Bischöfe, unter denen sich Ambrosius von Mailand (339-397) besonders hervortat. Sein Leitsatz: „Der Kaiser ist in der Kirche, nicht über der Kirche.“ Das machte er Theodosius mehrfach deutlich. 388 verhinderte Ambrosius die Bestrafung eines Bischofs, der iKallinikon (am Euphrat)  ein Massaker an Juden und das Niederbrennen der Synagoge geleitet hatte. Ambrosius argumentierte, das sei ein Konflikt zwischen Juden und Christen, und ein christlicher Kaiser könne sich nicht auf die Seite der Juden stellen. Zwei Jahre später 390 zwang er den Kaiser zur öffentlichen Reue während einer Messe für das Massaker von Thessaloniki. Theodosius hatte einen Volksaustand blutig mit Hilfe der germanischen Legion niedergeschlagen. Im Jahr 391 kam es in Alexandria zu einer blutigen Auseinandersetzung zwischen Heiden, wie sie nun genannt wurden, und Christen. Ein paar Heiden verschanzten sich im Serapion, zwangen einige Christen zum Opfern, wenige sollen gekreuzigt worden sein. So jedenfalls die christliche Version. Um die Situation zu beruhigen, begnadigte der Kaiser die Mörder, ordnete aber als Warnung an die Heiden die Zerstörung des Tempels an. Bischof Theophilos  fragte sich, warum nur einer und nicht alle, und initiierte die Zerstörung aller Tempel in Alexandrien. In der Folge wurden viele vorchristliche Tempel und Heiligtümer im ganzen Imperium zerstört oder verwüstet. Das Edikt ‚cunctos populos‘ hat also eine enorme, blutige Wirkungsgeschichte. Bis in die Neuzeit hinein. Denn im 13. Jahrhundert diente es als Rechtfertigung für die Etablierung der Inquisition. Die übrigen, die wir für wahrhaft toll und wahnsinnig erklären, haben die Schande ketzerischer Lehre zu tragen ... Endlich soll sie vorab die göttliche Vergeltung, dann aber auch unsere Strafgerechtigkeit ereilen, die uns durch himmlisches Urteil übertragen worden ist." Die ersten Opfer der Inquisition waren die Laienbewegungen der Katharer, Waldenser und Humiliaten. Mit der Laienbewegung hat die katholische Amtskirche bis heute ihre Schwierigkeiten. 1536 wurde die Inquisition auch in Portugal in Coimbra, Lissabon und Evora staatskirchlich etabliert. Sie richtete sich zuerst gegen Conversos, jüdische getaufte Christen, später auch gegen andere.  Bis 1821 war sie offiziell tätig. Am Ende ein Selbstbedienungsladen für die Kirche, denn die Vermögen der Verurteilten fielen an den Klerus.  Was bleibt, wenn wir uns an das Edikt erinnern? Das Verhältnis von Religion und Gewalt ist auch heute präsent, im Judentum, Christentum und Islam. Wir müssen uns dazu verhalten. Luther verlangte von der Religion ‚non vi, sed verbo‘ (nicht durch Gewalt, sondern durch das Wort) solle man anderen Menschen begegnen. Lutheraner haben sich oft genug einen Teufel darum geschert. Die Psychoanalytikerin Tülay Özbek gibt uns folgenden Hinweis: „Nicht was jemand glaubt, sondern wie er es glaubt, entscheidet darüber, ob es zu Destruktivität (Gewalt) kommt oder nicht; entscheidend ist nicht, was man liest, sondern wie man es liest, sei es nun die hebräische Bibel, die christliche Bibel, der Koran oder das Kapital.“  Entscheidend auch, wie man sich selber gegenüber anderen sieht. Kommen zwei Menschen in den Tempel. Der eine fromm, rühmt sich dafür und dankt Gott, dass er besser sei als andere. Der andere stellt sich hin und sagt offen, er habe Schwierigkeiten, Gott zu vertrauen. Mit letzterem bleibt Gott in Verbindung, erzählt Jesus.

25. Februar Apostel Matthias

Der 24. Februar ist Gedenktag des Apostels Matthias. Über diese Apostel weiß man sehr wenig. Aber, und das macht ihn für die Kirchen in Deutschland wichtig: Er ist der einzige Apostel, dessen Gebeine in Deutschland aufbewahrt werden. Sie liegen In der Benediktinerabtei St. Matthias der ehemaligen Kaiserresidenz Trier. Ursprünglich gehörte Matthias wohl in den engeren Kreis um Jesus, aber nicht zu den sogenannten 12 Apostel. Diese Zahl ist ohnehin fiktiv. Sie verweist auf die 12 Stämme Israels und soll die Kontinuität zwischen jüdischem und christlichen Gottesvolk herstellen. Judas Iskariot hatte Jesus nach den Geschichten des Neuen Testament ausgeliefert und war damit aus dem Kreis der Apostel ausgeschieden. Lukas berichtet in seiner Apostelgeschichte (Apg 1,24-25) über die Nachwahl, die eigentlich ein Losentscheid war. Petrus rief nach der Himmelfahrt Christi den Apostelrat zusammen. Sie nominierten Joseph Barnabbas und Matthias und beteten: "Herr, du kennst die Herzen aller; zeige, wen von diesen beiden du erwählt hast, diesen Dienst und dieses Apostelamt zu übernehmen. Denn Judas hat es verlassen und ist an den Ort gegangen, der ihm bestimmt war." Das Los fiel auf Matthias. Unklar bleibt die Stellung des Paulus in und zu dem Apostelkreis. Er hat sich selbst einen Apostel Jesu Christi genannt. (Galater 1,13-17) Zählt man ihn, wären es 13 Apostel. Wer jetzt an die ‚Wilde 13‘ denkt, liegt nicht richtig. Die Apostel waren schon ein eigenartiger Haufen. Pikanterweise berichtet Paulus, dass er bei seinem Besuch in Jerusalem nur Petrus und den Herrenbruder Jakobus angetroffen hätte. Wahrscheinlich befanden sich die anderen gerade auf Dienstreise. Man weiß es nicht. Über Matthias ist weiter nichts bekannt. Es gibt verschiedene Legenden zu seinem Tod im Jahr 63. Die eine erzählt, er habe den Märtyrertod in Äthiopien erlitten, wo man ihn erst gesteinigt und dann enthauptet habe. Sicher ist sicher. Deshalb wird er in der Ikonographie oft mit einem Beil dargestellt.  Die andere berichtet er sei in Jerusalem eines natürlichen, altersgemäßen Todes gestorben. Wie auch immer, irgendwie kommen seine Gebeine nach Rom in die Kirche Santa Maria Maggiore. Vor dort werden sie von Helena, der Mutter Kaiser Konstantins I., im 4. Jahrhundert nach Trier verschickt.  Dort waren sie offenbar lange ‚vergessen‘. 1127 wurden sie dann in der Benediktinerabtei St. Matthias plötzlich ‚wiedergefunden‘. Wen wundert‘s, dass sofort ein lebhafter Heiligenkult entstand. Die Pilgerfahrten, eine ältere Form des Massentourismus, spülten viel Geld in die Kassen der Abtei. Wallfahrten zum Grabe des Apostel Matthias finden bis heute statt, besonders aus dem Rheinland. Ob dabei auch Rufe wie ‚De Zug kütt‘ laut werden, ist nicht bekannt. Laut Bauernregel entscheidet sich am Matthiastag, ob der Frühling vor der Tür steht oder der Winter länger dauert: "Matheis bricht's Eis. Hat er keins, so macht er eins." Auch wurden in manchen Landstrichen am Matthiastag Obstbäume geschüttelt, um die Ernte des Jahres positiv zu beeinflussen. Ob dieses Tun den Obstschnitt ersetzt, ist nicht bewiesen. Aber es ist der Vollständigkeit halber zu berichten, dass man auch hier im Algarve gegen Bäume tritt oder sie schüttelt, wenn sie keine rechte Ernte mehr bringen. Das soll tatsächlich wirken. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Art Wachrütteln. Soll ja manchmal bei Menschen auch helfen.

Michael Prätorius 15. Februar

 Am 15. Februar 1571 wurde Michael Prätorius unter seinem eigentlichen Namen Schultheis in Creuzburg bei Eisenach geboren. Sein Vater war Pfarrer daselbst, er das letzte von sechs Kindern. Auch Prätorius sollte Pfarrer werden. Mit 14 begann er in Frankfurt mit dem Studium der Theologie. Dort lebten zwei seiner Brüder.  Offenbar bricht er das Studium nach dem Tod der Brüder ab, und nimmt eine Stelle als Organist an. Dann verliert sich seine Spur für 6 Jahre. 1594 wird er von Herzog Julius, Herzog von Braunschweig-Lüneburg und Bischof von Halberstadt als Musiker angestellt. Bis zu seinem Tod am 15. Februar 1621 wird er in welfischen Diensten bleiben. Damals wurden Hofbeamte in verschiedenen Funktionen eingesetzt. So war er auch Privatsekretär der Herzogin und immer wieder in diplomatischen Missionen unterwegs. Ab 1604 war er Hofkapellmeister in Wolfenbüttel. Als solcher war er verantwortlich für das musikalische Leben des fürstlichen Hofes. So komponierte er die Musik für die Hundertjahrfeier der Reformation, die unter der Leitung von Heinrich Schütz in Dresden uraufgeführt wurde. Neben der weltlichen Musik für den Fürsten, schrieb er auch zahlreiche Musik für Kirchenlieder. Im heutigen Gesangbuch sind noch 8 Lieder, die von ihm komponiert wurden. Zu den bekanntesten zählen die Weihnachtslieder „Es ist ein Ros entsprungen“ (EG30) und „Quem pastores laudavere“ (EG 29): Aber auch andere Lieder wie „Mein erst Gefühl sei Preis und Dank“ (EG 451) oder „Mein Seel o Herr muß loben dich“ (EG 308).  Prätorius war kein armer Mann, er hatte mehrere Pfründe als Abt des Kloster Ringelheim oder Konventual des Klosters Amelungsborn. So hinterließ er eine Stiftung zur Unterstützung junger Theologen. Begraben wurde Michael Prätorius in der Kirche „Beatae Mariae Virginis“ in Wolfenbüttel. Diese Kirche war der erste protestantische Großkirchenbau nach der Reformation und lange Grablege der welfischen Herzöge von Braunschweig-Lüneburg.  Sie wurde erst 3 Jahre nach dem Tod von Michael Prätorius fertiggestellt.  Die ursprüngliche Orgel wurde von Prätorius geplant.

Daniel Friedrich Schleiermacher 12. Februar

Am 12. Februar 1834 stirbt der Theologe Friedrich Schleiermacher in Berlin. Für die protestantische Theologie ist er eine Art ‚Kirchenvater‘ des 19. Jahrhunderts. Aber er ist nicht nur Theologe. Er ist Altphilologe, übersetzt Platon, schreibt Grundlegendes über die Hermeneutik, die Lehre des Verstehens von Texten: „Das Missverstehen ist die Regel, das Verstehen, die glückliche Ausnahme.“  Er ist Mitgründer der Berliner Humboldtuniversität und begleitet die preußische Schulreform, als Kirchenreformer arbeitet er an der preußischen Union, der Vereinigung der reformierten und lutherischen Kirchen. Im „Agendenstreit“ wendet er gegen den Anspruch des preußischen Königs, sich in innerkirchliche Angelegenheiten einzumischen. Worauf er auch geheimdienstlich beobachtet wurde. Geboren ist Schleiermacher als Sohn eines preußischen Feldpredigers am 21. November 1768 in Breslau. Nach dem Willen des Vaters sollen er und seine Geschwister in die Erziehung der Herrenhuter Gemeinde in Niesky gegeben. Später besucht er das Seminarium in Barby. Doch kommt er mit der strengen pietistischen Frömmigkeit, also der Konzentration auf Innerlichkeit, in Konflikt, als ihm verboten wird, die Schriften Kant‘s zu lesen. Darauf verlässt er gegen den Willen des Vaters die Schule. In seinem Brief an den Vater äußert er Zweifel an der kirchlichen Lehre von der Gottheit Christi und seines stellvertretenden Leidens. In Halle, einem Zentrum der Aufklärung, beginnt er Theologie zu studieren, wird  daselbst Professor und wechselt, nach Auflösung der Universität durch Napoleon,  nach Berlin. Hier ist er bis zu seinem Tod Pastor der Dreifaltigkeitskirche und, nach Gründung der Humboldt Universität, Professor für Theologie. Er verkehrte im Salon von Henriette Herz (1764–1847), mit der ihn eine enge Freundschaft verband. Henriette Herz, geborene Lemos, entstammte einer aus Portugal stammenden jüdischen Familie. In ihrem Salon kam Schleiermacher mit den Brüdern Humboldt, Tieck, Jean Paul und August Ferdinand Bernhardi zusammen. Er war befreundet mit August Wilhelm und Friedrich Schlegel, mit dem er 1797/98 sich sogar eine Wohnung teilte. Schleiermachers Zeit war geprägt von Umbrüchen und Neuorientierungen. Die Aufklärung hatte die Plausibilität der lutherischen Orthodoxie hinweggefegt. Der Pietismus hatte keine Antworten auf die gesellschaftlichen Herausforderungen. Das Zusammengehen von Thron und Altar wird durch die französische Revolution in Frage gestellt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, Anfang des 19.Jahrhunderts lehnen immer mehr Bildungsbürger die in der Kirche überlieferten Glaubens- und Gottesvorstellungen ab. Menschen bedienen sich ihres Verstandes und nehmen auch ihren Glauben selbst in die Hand. Die Kirche soll ihnen nichts mehr diktieren. Aber, nur vernünftig zu denken, ist dürr und bringt, was Lebendig ist, nicht in Gang. Und, Menschen, die nur moralisch und ethisch daherkommen, sind auf Dauer unerträglich. Das ist der Ausgangspunkt des theologischen Denkens Schleiermachers. Nach seinem Verständnis ist Religion „Sinn und Geschmack für das Unendliche“, ist Religion weder ein Wissen noch ein Tun. Keine objektiven kirchlichen Lehrsätze, sondern moderne Erfahrungstheologie. Gefühl als das Organ, mit dem das Göttliche begriffen wird. Das Göttliche. Nicht Gott. Wer ein Gefühl für den Kosmos hat und für das Lebendige, das überall wirkt, der ist beteiligt an der Lebendigkeit des Kosmos und beteiligt an der Lebendigkeit und Ursprünglichkeit des Göttlichen. Das nennt er Frömmigkeit. Das Bewusstsein, das Gefühl der „schlechthinnigen Abhängigkeit“. Seine Gedanken sprechen viele Menschen an.  Glauben ist Unterwegssein mit Geschichten, mit der eigenen Seele, mit eigenen Gefühlen.  Ist individuelle Geschichte und Traditionsgeschichte, die sich begegnen. Wenn meine Seele unterwegs auf ihrem Lebensweg und eine biblische Geschichte liest, dann vermengen sie die beiden Sie regen sich gegenseitig an.

Philipp Jacob Spener, 5. Februar 

Am 5. Februar denkt die evangelische Kirche an Philipp Jacob Spener. Sein Todestag im Jahr 1705 in Berlin. Geboren wird er am 13. Januar 1635 in Rappoltsweiler (heute Ribeauville, Elsaß) als erstes von insgesamt 9 Kindern. Sein Vater ist Jurist des Grafen von Rappoltstein. Noch tobt der 30-jährige Krieg. Längst kein Konfessionskrieg mehr. Im September 1634 siegen die katholisch-habsburgischen Truppen bei Nördlingen über die protestantisch-schwedische Koalition. Sie gibt Süddeutschland auf. Die habsburgischen Truppen ziehen plündernd und mordend durchs Land. Wer fliehen kann, überquert den Rhein, ins lutherische Straßburg. Flucht und Elend der Flüchtlinge, wie es gerade wieder vieler Orts erleben. Im westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück wird Deutschland konfessionell aufgeteilt. Cuius regio eius religio – wessen Gebiet, dessen Religion. Der Krieg hat das ganze Land wirtschaftlich und kulturell verwüstet. Politische Gewinner sind die Fürsten, die von nun an absolutistisch regieren. l'état c'est moi, der Staat, das bin ich, verkündet Ludwig XIV selbstbewusst. Thomas Hobbes liefert mit seinem ‚Leviathan‘ die philosophische Rechtfertigung. Theologen sind mit ihrer konfessionellen Rechthaberei als Kriegstreiber entlarvt und als moralisch-ethische Berater diskreditiert. Ihre Stelle nehmen an den Höfen nun die Juristen ein. Da sitzen sie heute noch. Verlierer sind, wie heute auch, die kleinen Leute. Das Lebensgefühl der Menschen beschreibt Andreas Gryphius in seinem Sonett ‚Tränen des Vaterlandes‘: Doch schweig ich noch von dem / was ärger als der Tod /Was grimmer denn die Pest / und Glutt und Hungersnoth Das auch der Seelen Schatz / so vielen abgezwungen. Mit 16 Jahren beginnt Spener in Straßburg Theologie zu studieren. Es folgen Bildungsreisen nach Basel, Genf und Lyon. 1662 wieder in Straßburg. Er wird zum Doktor der Theologie promoviert, heiratet und wartet auf eine Professur. 1666 wird er zum Senior (eine Art Hauptpastor) nach Frankfurt gerufen. Die Pastoren sind völlig zerstritten. Speners ganzes theologisches Denken und Handeln ist eine Antwort auf die Ereignisse des großen Krieges und seinen Folgen.  Er ist Zeit seines Lebens überzeugter Lutheraner, weiß aber auch, die lutherische Orthodoxie hat theologisch abgewirtschaftet. Er konstatiert, dass die Menschen wenig bis gar keine Kenntnis der Bibel haben, ihre Frömmigkeit nur äußerlich und Nächstenliebe für viele nur ein Fremdwort ist. Nicht verwunderlich für durch 30 Jahre Krieg traumatisierte Menschen. Seine Antwort ist exercitia pietatis (Frömmigkeitsübungen), eingeübt in Hauskreisen. Das macht ihn zu einem Begründer des ‚Pietismus‘. Der versteht sich als Reformbewegung innerhalb des Protestantismus, besonders der laschen, blutleeren lutherischen Variante. Auf die Frömmigkeit, das Glauben(ser)leben des Einzelnen kommt es an. Hauskreise sind für ihn eine ecclesiola in eccleisa, ein Kirchlein in der Kirche. Feld der Inneren Mission. In diesen Hauskreisen haben auch einfache Leute Wort und Stimme. Sehr zum Ärger und gegen den Widerstand der Bürger und Adligen. 1675 schreibt er seine noch heute viel gelesene ‚Pia desideria‘ (Fromme Wünsche). In dieser Schrift entwickelt er sein Reformprogramm. Die wichtigsten Punkte: Bibelstudium in Hauskreisen (nach 1 Korinther 14); Allgemeines Priestertum durch Förderung der Mitarbeit von Laien in den Gemeinden, Tatchristentum durch bewussten christlichen Lebenswandel, weniger kleinkarierte theologische Streitigkeiten um Worte und Begriffe, Reform des Theologiestudiums durch ein enges Mentor-Schüler Lernverhältnis. Aber in Frankfurt erlebt Spener auch die Kehrseite dieses pietistischen ‚Kirchenmodells‘. Der sogenannte ‚Saalhofkreis‘ radikalisiert sich immer mehr. Will nur noch Männer und Frauen zulassen, die wirklich fromm und gläubig sind. (Wer entscheidet das?) Der Kreis löst sich immer mehr von der Amtskirche, von Laienbildung und Volksmission will man nichts mehr wissen. Allein das persönliche Erweckungserlebnis, das man auf Tag und Stunde benennen kann, zählt. Schließlich löst der Frankfurter Magistrat den Kreis auf. Viele Mitglieder wandern in die USA aus. Dort treiben ihre Nachfahren noch heute ihr Unwesen. 1686 wird Spener Oberhofprediger in Dresden, und damit einer der wichtigsten Theologen des deutschen Luthertums. Hauskreise richtet er nicht mehr ein, jetzt setzt er mehr auf katechetische Übungsstunden. Aber er versteht sich nicht wirklich mit der sächsischen Pastorenschaft (was wahrscheinlich wirklich schwer ist), hinzu kommt ein Streit mit dem Kurfürsten.  1691 geht er als Propst und Konsistorialrat nach Berlin an die Nikolaiskirche. Das Konsistorium bildet damals die ‚Kirchenregierung‘, als Ministerium direkt dem Kurfürsten unterstellt. Als Konsistorialrat förderte Spener kräftig den Aufbau der theologischen Reformfakultät in Halle, als bewusstes Gegenmodell zu lutherisch-orthodoxen Fakultäten.

Mariä Lichtmess 2. Februar

Am 2. Februar begehen die Kirchen Mariä Lichtmess, so sein volkstümlicher Name. Eigentlich ist es das Fest der Darstellung des Herrn, praesentatio Jesu in templo, griechisch ὑπαπαντὴ τοῦ Κυρίου. Dahinter steht der jüdische Brauch, dass eine Mutter nach den Vorschriften vierzig Tage nach der Geburt eines Sohnes als unrein galt. Bei Töchtern sogar 80 Tage. Zur Reinigung musste die Frau ein Reinigungsopfer bringen. In der Regel ein oder zwei Tauben. Der erstgeborene Sohn galt zudem als Eigentum Gottes und musste von den Eltern ausgelöst werden.  Früher war für diesen Tag deshalb auch die Bezeichnung Mariä Purificatio (Reinigung) gebräuchlich. Mit dem 2. Februar sind es vierzig Tage nach Weihnachten. 40 Tage beträgt der Zeitraum für kirchliche Festzeiten. Mit dem 2. Februar findet der Weihnachtsfestkreis seinen Abschluss: Weihnachtsbaum und Krippen wurden abgebaut bzw. eingepackt.  Das Lukasevangelium (2,21-40) erzählt, wie Maria und Josef mit Jesus in den Tempel gehen. Sie begegnen dem alten Simeon und der Prophetin Hanna. Beide erkennen, Jesus ist kein gewöhnliches Kind. Sie preisen ihn als den Erlöser Israels.  Ein  anderer Ursprung dieses Festes liegt in einer heidnischen Sühneprozession, die alle fünf Jahre in Rom abgehalten wurde. In dessen Verlauf kam es zu einer Kerzenweihe und Lichterprozession. Daher der Name Mariä Lichtmess genannt. Erstmals erwähnt wird das Fest im 4. Jahrhundert in Jerusalem. In Rom ist eine Lichterprozession ab dem 7. Jahrhundert bekannt. Zunächst am 14. Februar - 40 Tage nach dem früheren Weihnachtsfest am heutigen Epiphaniastag gefeiert. Heute ist der 14. Februar aber der Valentinstag. An Lichtmess wurde der Jahresbedarf an Kerzen für die Kirchen geweiht. Kerzen für den häuslichen Gebrauch wurden ebenfalls gesegnet. Die gesegneten Kerzen sollten das Gebetbuch erleuchten oder als schwarze Wetterkerzen Unwetter abwehren. An Mariä Lichtmess endete für die Bauern die Winterpause, die Arbeit auf den Feldern wurde wieder aufgenommen. Dieser Tag war auch Zahltag für die Dienstboten, die bis St. Agatha (5. Februar) frei hatten bzw. zu ihren neuen Dienstherren umzogen. Denn die Verträge wurden entweder für ein Jahr erneuert oder das Gesinde suchte sich eine neue Stelle. Der letzte allgemein so gehaltene Zahltag war der 2. Februar 1938.  Die Nazis schafften den Tag ab. Sie organisierten den sogenannten Bauernstand nach ihren Regeln. Ab Mariä Lichtmess werden die Tage (im Norden) spürbar länger. Das hält der alte Vers fest:  Zu Stephani a Muckngahn, zu Neujahr a Hahnentritt, zu Heilig Drei König a Hirschensprung und zu Maria Lichtmess a ganze Stund. Gemeint ist die Verlängerung der Tage. Es gibt natürlich auch Bauernregeln, wie: Ist's zu Lichtmess mild und rein, wirds ein langer Winter sein. Oder: Wenn's an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit; ist es aber klar und hell, kommt der Lenz wohl nicht so schnell. Oder ganz kurz: Lichtmess im Klee, Ostern im Schnee.

Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus, 27. Februar

Am 27. Januar 1945 befreit die Rote Armee das Todeslager Auschwitz. Es ist geräumt, nur die, die gar nicht mehr laufen konnten, wurden zurückgelassen. Die Gaskammern sind gesprengt. Langsam wird das ganze Ausmaß des Mordes an den europäischen Juden, Sinti, Polen und Gegnern des Regimes deutlich. Unfassbar, unbegreifbar bis heute. Nicht aufhören zu erinnern schulden wird den unschuldigen Opfern. Wir beten:

Vor dir Gott, gedenken wir heute der Opfer des Nationalsozialismus.

Wir gedenken der Entrechteten, Bedrängten und Beraubten. Wir werden still und erinnern uns.

Wir gedenken der Gejagten, Geflohenen und Gefangenen. Wir werden still und erinnern uns.

Wir gedenken der Geschlagenen, Gefolterten und Getöteten. Wir werden still und erinnern uns.

Wir gedenken der Opfer des Nationalsozialismus – Kinder, Frauen und Männer – in Deutschland, Europa und der ganzen Welt. Wir werden still und erinnern uns.

Gott, wir stehen vor dem Abgrund des Bösen. Unfassbar, unbegreiflich, was Menschen Menschen antun können. Wir stehen vor der Schuld unserer Väter und Mütter. Wir erleben unser Schämen. Gott, lass uns nach Zeichen des Guten suchen. Wir erinnern uns der Gerechten unter den Völkern, der wenigen Mutigen, Barmherzigen und Aufrechten, die anderen unter Lebensgefahr trotzdem geholfen haben. Sie mögen uns ermutigen, ebenso zu handeln, wenn es darauf ankommt. Und gerade jetzt kommt es auf uns an, die neuen Nazis um Höcke, Seidel & Co zu verhindern. Möge wir durch unser Erinnern zur Einsicht kommen, wachbleiben im Herzen, mutig sein zur rechten Zeit, für alle Menschen in Not einzutreten und politischen Gewalttätern entgegenzutreten. Amen.

 

Berufung des Paulus 25. Januar 

Was ein ‚Damaskuserlebnis‘ ist oder, wie wir sagen, wenn jemand vom Saulus zum Paulus wird – das kennt man noch. Es meint ein Ereignis, wo jemand sein Leben total umkrempelt. Erinnert wird an das Erlebnis, das Saulus vor Damaskus widerfahren ist. Saulus stammt aus Tarsos, wo er 10v.Chr geboren wird. Er besitzt das römische Bürgerrecht, ist Seilmacher und studierter rabbinischer Theologe und zwar ein streitbarer. Jedenfalls will er die ersten Christen, die sich in den Synagogen versammeln, auf Linie bringen. Deshalb geht er ihnen an den Kragen. Wenn man den Geschichten des Lukas traut, einem Vertrauten des Saulus, dann ist er bei der Steinigung des Stephanus dabei. Und hat daran, wie es heiß ‚Wohlgefallen‘. Er dringt in Häuser der Christen ein, verschleppt Männer und Frauen und zögert auch sonst nicht, Gewalt anzuwenden. Solche Methoden assoziieren wir heute vielleicht mit der Hamas, dem Islamischen Staat oder den Taliban. Schließlich besorgt Saulus sich vom Hohen Rat in Jerusalem einen Auftrag, auch in und um Damaskus für Ordnung zu sorgen. Die Apostelgeschichte (9,3ff) erzählt, wie er vor der Stadt eine Lichterscheinung hatte, vom hohen Ross fällt und erblindet. Der Auferstandene sei ihm erschienen, berichtet er später, und habe ihn gefragt: „Warum verfolgst du mich?“ Ausgerechnet Christen sammeln den Hilflosen auf und pflegen ihn gesund. „Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.“ (9,18) Saulus lässt sich taufen. „Was mir Gewinn war, habe ich um Christi willen als Verlust angesehen…“, schreibt er im Philipperbrief (3,7) Und wird fortan zur zentralen Figur der Mission des Christentums unter den Heiden, vornehmlich in Kleinasien, später auch in Griechenland. Es ist übrigens ein Irrtum, mit dem ‚Damaskuserlebnis‘ hätte Saulus seinen Namen in Paulus geändert. Er nennt sich weiterhin Saulus. Erst auf Zypern anlässlich eines Treffens mit dem römischen Statthalter Sergius Paulus, verwendet er den anderen, ähnlich klingenden, den Römern leichter über die Lippen gehenden Namen Paulus. Lukas berichtet: „Saulus aber, der auch Paulus heißt…“ (Apg. 13,9). Er nennt sich also je nach Zielgruppe Saulus oder Paulus. Er gründet Gemeinden wie Philippi, Thessaloniki und Korinth.  Mit derselben Energie, mit dem er die Christen verfolgte, betreibt er seine Mission. Die Heiden durch den Messias Jesus zum Gott Israels zu führen, so versteht er seinen Auftrag. Streitbar bleibt er. Ein Konflikt in der jungen Gemeinde ist, ob sich die zum Christentum bekehrten Heiden dem jüdischen Ritualgesetz inclusive Beschneidung unterwerfen sollen. Petrus verlangt das. Auch er ein Hardliner. Saulus/Paulus meint, wer nach den jüdischen Ritualgesetz leben wolle, solle das tun, für die sogenannten Heidenchristen sei das nicht zwingend. Saulus/Paulus bleibt überzeugter Jude und Christusanhänger, steht in beiden und für beide Traditionen. Sieht keinen Widerspruch zwischen jüdisch sein und Jesus als den Messias (Christus) zu bekennen. So kommt es zu einem Kompromiss auf dem sogenannten Apostelkonzil. Saulus/Paulus missioniert die Heiden. Wer nicht will, kann auf die Beschneidung als Zeichen der Anerkennung der jüdischen Ritualgesetzen verzichten. Die Taufe und ein entsprechender Lebenswandel sind wichtiger und entscheidend. Die Gemeinde um Petrus schmort weiter im eigenen Saft. Sie verschwindet in den Wirren der Belagerung und Eroberung Jerusalems im Jahre 70.  Böse Zungen behaupten, Saulus habe sich den Kompromiss erkauft. Denn er brachte der hungernden und bedrängten Gemeinschaft um Petrus eine schöne Summe als Spende mit nach Jerusalem. Zuerst kommt das Fressen und dann die Moral, wird Bert Brecht sagen. Die Spannungen bleiben. Und es gibt den Verdacht, dass ihn Christen an die Römer verraten haben, so dass es zu Verhaftung, Prozess und schließlich Hinrichtung in Rom kommt. Saulus bleibt auch nach Damaskus ein Jude, mit dem Glauben an Christus. Verbunden ist damit jedoch eine gravierende Verhaltensänderung. Nie wieder wird er physische Gewalt gegen andere Menschen anwenden. Er vertraut nun einzig und allein auf die Kraft seiner Worte. „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Römer 12,21). Das ist sein Verhaltensgrundsatz, den Luther übernommen hat, wenn er sagt: non vi, sed verbo – nicht mit Gewalt, sondern durch Worte, Argumente soll man Menschen überzeugen. Leider ist diese Haltung auch im 21. Jahrhundert keine allgemeingültige. Eben weil religiöse und politische Überzeugungen immer ein gewisses Gewaltpotential bergen, gilt die Frage des Christus vor Damaskus auch uns: Warum bist du aggressiv gegen andere, die nicht so glauben und denken wie du? Gewaltlosigkeit und Toleranz sind uns nicht einfach gegeben, wir müssen sie uns immer wieder erarbeiten und verteidigen. So werden auch wir das eine oder andere Damaskuserlebnis brauchen. Möge es uns erspart bleiben, vom hohen Ross zu fallen.

Antonius 17. Januar 

Am 17. Januar erinnern die Kirchen an den Vater des christlichen Mönchtums, Antonius dem Großen. Geboren 250 in damaligen Come, heute Qiman el Arus (Ägypten). Seine Eltern waren Großgrundbesitzer. Sie sterben sehr früh. Mit 18 Jahren übernimmt er den elterlichen Betrieb, sorgt für sich und seine jüngere Schwester.  Die strenge Ethik des Matthäusevangeliums verändert sein Leben. Wenn Du vollkommen sein willst, dann verkaufe alles, was Du hast, und gib es den Armen. (19, 21) Also verkauft er mit 25 seinen Besitz, sorgt für das Auskommen seiner Schwester, verteilt den Rest an die Armen, und zieht in die Wüste zu einigen Eremiten.  Dort lebt er ein streng asketisches Leben, zunächst in der Nähe seines Heimatortes, später in einer alten Grabkammer. Noch mehrmals wechselt er seinen Aufenthaltsort, zuletzt haust er auf dem Berg Kolzim (Safarna) am Roten Meer. 311 kommt er nach Alexandria, um die durch Kaiser Maxentius verfolgten Christen zu trösten. Viele Menschen kommen in seine Einsiedelei, erbitten Rat und Heilung. Viele bleiben und bauen sich kleine Einsiedeleien. Diese Menschen um Antonius gelten als der Beginn des christlichen Klosterwesens, deshalb wird er Vater des Mönchtums genannt. Sein Mönchtum ist streng asketisch, bezogen auf die Einsiedelei. Er selbst hat keine Klosterregeln aufgestellt, das besorgt Athanasios, selbst ein Mönch und späterer Bischof von Alexandrien. Er schreibt auch eine Biografie. Antonius wird in der Ikonographie oft mit Schweinen dargestellt, im Orient damals wie heute unreine Tiere.  Sie sind Sinnbild für seine Versuchungen. Der Legende nach versucht ihn der Teufel in Gestalt einer oder mehrerer schöner Frauen; in anderen Fällen wird er mit Krallen, Zähnen oder Hörnern verwundet, zu Boden geschlagen, an den Haaren gerissen und, während seine Zelle in Flammen aufgeht, schließlich unter bedrohlichen Angriffen von allen Seiten in die Lüfte gehoben. Der im Mittelalter gegründete Antoniterorden, der in der Armen- und Krankenpflege tätig war, hielt deshalb bevorzugt Schweine.  Sie hatten das Recht frei in den Städten herumzulaufen, worauf der Ausspruch ‚Frech wie ein Antoniusschwein‘ zurückgeht. Diese Schweine wurden am 23. Dezember geschlachtet, das Fleisch den Armen gegeben. Antonius stirbt im Alter von 105 Jahren, man nennt das Jahr 365. Sein Grab wird zuerst geheim gehalten. Irgendwann sollen seine Gebeine zuerst nach Alexandria, dann nach der Eroberung durch die Muslime nach Konstantinopel gekommen sein. 1089 sollen sie nach La-Motte-aux-Bois gebracht worden sein. Dort entstand das Stammkloster des Antoniterordens, später in St-Antoine-l'Abbaye umbenannt. Matthias Grünewald  hat seinen berühmten Isenheimer Altar für den Antoniterorden angefertigt. Auf Mallorca werden in der Nacht vor dem Gedenktag Scheiterhaufen angezündet. Dämonen und Teufel tanzen um das Feuer. Sie stellen die Versuchungen, die Antonius in seiner Einsamkeit quälten, dar. Bunte Umzüge, mit Reitern und Wagen finden am 17. Januar statt. Der Heiligen selbst tritt im Mönchsgewand mit Maske auf, von roten Teufeln gejagt. Auch in der Region um Valencia, in Aragonien und in Madrid, wird Antonius mit Festen gefeiert. Von Antonius sind viele Anekdoten überliefert, wie diese: Ein Bruder sprach zu Antonius: Bete für mich! Der antwortete: Weder ich habe Erbarmen mit dir, noch Gott, wenn du dich nicht selbst anstrengst und Gott bittest. Und natürlich gibt es Bauernregeln: Wenn Antoni die Luft ist klar / gibt's bestimmt ein trocknes Jahr. Große Kälte am Antoniustag, / machmal nicht lange halten mag.

 

Epiphanias 6. Januar

Der 6. Januar ist in allen christlichen Kirchen ein Festtag. Unsere katholischen Schwestern und Brüder feiern das Fest der Heiligen drei Könige. Ihren Besuch beim Kind in Betlehem, wie er bei Matthäus erzählt wird (Matth. 2, 1-12). Dort sind sie keine Könige, sondern werden Weise und Magier genannt. Vielleicht sogar antike Wissenschaftler, denn die Beobachtung der Sterne hatte sie zum Kind geführt. Ihre Namen, Kaspar, Melchior und Balthasar erhalten sie erst im 8. Jahrhundert. Aber daher rührt der Brauch der Sternsinger, die am 6. Januar von Haus zu Haus ziehen, den Menschen ein Lied singen und den Segen des Christus bringen. Christus Mansionem Benedicat. Unsere orthodoxen Schwestern und Brüder feiern am 6./7. Januar ihr Weihnachtsfest. Bekanntlich hat die Orthodoxie den gregorianische Kalenderreform nicht mitgemacht.  Der 6. Januar ist nach dem alten Julianischen Kalender der 25. Dezember. Das Fest beginnt mit einem langen, etwa 3-Stündigen Gottesdienst, an den sich oft eine Lichterprozession anschließt. Die liturgischen Farben sind grün für das ewigen Leben und weiß für die Reinheit und den Triumpf des Geistes über das Fleisch. Die Fastenzeit wird mit einem großen Festmahl beendet.  Die aus Mandeln, Mohn, Honig und Getreide gekochte Speise symbolisierte Ruhe und Unsterblichkeit. In den evangelischen Kirchen wird der 6. Januar Epiphanias genannt. Das kommt vom griechischen Wort "epiphaneia" (Erscheinung). Gott erscheint in Jesus in der Welt. Er erleuchtet sie. Mit Epiphanias beginnt der zweite der Teil der Weihnachtszeit. Sie endet mit dem Fest der Verklärung Jesus. Das ist in diesem Jahr der 29. Januar. Jesus hat auf dem Berg eine Erscheinung mit Mose und Elia. Eine Stimme spricht vom Himmel: Das ist mein lieber Sohn, an dem ich meine Freude habe. Hört auf ihn! (Matth 17, 1-9) Historisch ist das christliche Fest wohl aus antiken Festen, besonders dem Divus Julius, herausgewachsen, die ebenfalls am Anfang des Jahres begangen wurden. Spätestens im 2. Jahrhundert, also sehr früh, ist das Fest der göttlichen Epiphanie Christi bezeugt. Natürlich gibt es auch Bauernregeln für diesen Tag: „Dreikönigsabend hell und klar, verspricht ein gutes Weinjahr.“ Und: „Ist bis Dreikönig kein Winter, folgt keiner dahinter.“

Silvester, 31. Januar 

 Am 31. Dezember feiern wir Silvester, aber nur wenige wissen, dass Silvester I. der erste römische Papst nach der sogenannten Konstantinischen Wende war. Silvester, sein Name bedeutet wörtlich übersetzt "Waldbewohner". Geboren in der Mitte des 3. Jahrhunderts in Rom. Noch vor Beginn der Christenverfolgungen unter Kaiser Diokletian (284 bis 305) empfing er die Priesterweihe. Während der Verfolgungszeit gehörte Silvester zur Gruppe der "Confessores", einer Gruppierung, die sich trotz der bedrohlichen Lage weiterhin zum Christentum bekannte. Deswegen musste er einige Zeit im Exil leben. Im Toleranzedikt von Mailand 313, vom (West-) Kaiser Konstantin und dem (Ost-)Kaiser Licinius erlassen, wurde das Christentum offiziell als rechtmäßige Religion neben den anderen anerkannt. Am 31. Januar 314 wurde Sylvester zum Papst gewählt. Viel Einfluss auf die Politik hat er nicht gehabt, aber er hat viele Kirchen in Rom und Umgebung gegründet. Gestorben ist Papst Silvester am 31. Dezember 335. Nachdem er zunächst in den Priscilla-Katakomben begraben worden war, wurden seine Gebeine im 8. Jahrhundert in die römische Kirche San Silvestro in Capite überführt. 813 ist er in den Heiligenkalender aufgenommen worden. Der Legende nach soll er Kaiser Konstatin vom Aussatz geheilt haben. Mit seinem Namen verbunden ist die sogenannte Konstantinische Schenkung. Auf das Jahr 315 (oder 317) zurückdatiert, hielt die um 800 verfasste Urkunde fest, dass Papst Sylvester und seine sämtlichen Nachfolger usque in finem saeculi, bis ans Ende der Zeit, eine geistliche und politisch Oberherrschaft über Rom, Italien, und die gesamte Westhälfte des Römischen Reiches, aber auch das gesamte Erdenrund mittels Schenkung haben sollten. Aus dieser Urkunde bezogen die Päpste bis heute ihre religiösen und weltlichen Machtansprüche. Der heutige Vatikanstaat ist der letzte Rest dieses Territoriums. Der geistliche Allmachtanspruch besteht bis heute fort. Das Luthertum ist keine eigene Religionsgemeinschaft sui generis, sondern eine Versammlung verirrter Trottel.

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